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Von den Stärken der deutschen Sprache

Dienstag, 03. Dezember 2013

Die unserer Sprache gegebene Möglichkeit, zusammengesetzte Hauptwörter fast beliebiger Länge sinnvoll zu bilden, ist ein zwar nicht zu freigiebig auszugebender Reichtum derselben, aber von unschätzbarem Wert.

Jeder kann, jederzeit, je nach Bedarf, angemessene Wörter bilden. Glasklar.

In gehobener Rede, aber auch unter Handwerkern oder in der Volkssprache geschieht das ständig, oft unbewusst und meist doch in der jeweiligen Lage verständlich und zielsicher.

Und wieder, wie auch oft in unserem Satzbau, wo die Klammern von Tunwörtern und ihren Vorsilben wirken, steht erst hinten ganz Wesentliches, welches das Vorherige auf die richtige Ebene ins Licht setzt.

Der letzte Wortteil ist der Oberbegriff. Die Teile davor wirken ein wenig wie beigeordnete Eigenschaftswörter oder im Wesfall verbundene oder aufzählende weitere Hauptwörter, sind aber doch, viel weniger umständlich, Teil eines Worts, eines Begriffs.

Eine Italienerin sagte mir im Deutschunterricht, nachdem ich einen in der Tat recht finsteren Gedichtsabschnitt von Schiller vorgetragen hatte, in dem das Wort finster selbst auch vorkam und ich es demzufolge auch zu erklären und dem schlichteren dunkel abzugrenzen hatte, die deutsche Sprache eigene sich durch ihre mögliche Mitlauthäufung wohl besonders zur Darstellung düsterer Zustände.

Sicherlich keine falsche, schon gar keine dumme Beobachtung, oder, genauer, Erhörung.

Andererseits: Opern werden auch heute noch außer auf Italienisch gerne auf Deutsch gesungen. Keiner meint, dass das nur nach dem nahen Gottseibeiuns klingen müsse.

Mit den Selbstlauten müssen wir uns zweifellos auch immer wieder etwas mehr Mühe geben, die der Italiener so sich nicht geben muss, denn die Selbstlaute schwirren, außer in Mundarten, sowieso massenweise durch die Gegend, fast egal, was er sagt.

Andererseits: Gleich kam ein Dante-Spruch, ich muss nochmal nachfragen, leider versäumte ich, ihn aufzuschreiben oder mir wenigstens zu merken, natürlich in alter italienischer Ursprache, die doch etwas anders und knapper als übliches heute, in welchem neben der Selbstlautanklänge auch halbe Stabreime geborgen.

Ja, gerade im Deutschen finden wir das, was ich Halbstäbe nenne, nämlich Stäbe, die nicht unbedingt im Anlaut mehrerer Wörter liegen, noch nicht einmal in einer starktonigen Silbe.

Durch den einbegreifenden Satzaufbau haben wir die Möglichkeiten und die Berufung, länger ausgreifende Schwingungsmuster anzusetzen, um von den Stärken unserer Sprache her einzubringen, wo sie vorhanden.

Satzbau ist Gedankenbau. Wortschöpfung heißt Worte schöpfen.

 

 

Vom offenen Geheimbunde

Sonntag, 10. November 2013

Was auch immer Ihr schreibt: Es sei am Grunde ein Gesang.

Kafka zum Beispiele fiel das sehr schwer. So schwer, dass er seine Werke nicht einmal veröffentlicht sehen wollte.

Auch Heinrich von Kleist fiel, viel zu früh.

Schiller wurde schändlich verscharrt, wahrscheinlich, nachdem man ihn umgebracht hatte.

Ihr habt Buchstaben. Am Grunde Runen.

Jeder zähle.

Horcht Eurer eigenen Worte.

Jeder Satz klinge in Euch.

Jeder, der dies versteht, ist mein “Bruder”.

Im offenen Geheimbunde.

In jenem, der keiner Verschwörung bedarf.

Er ist nämlich nur gegenüber jenen geheim, die nicht hören, nicht wissen wollen.

 

Dem Nachwuchse (VI)

Donnerstag, 24. Mai 2012

Manche von Euch, ich kann das verstehen, wären lieber schon tot.

Denn der Tod verheißt eine, wenn auch ungewisse, Art der Freiheit.

Und er weiß seinen Lockruf dadurch erklingen zu lassen, indem er flötet: “Erst wenn Du tot bist, wird man dein Werk achten! Du weißt doch, dass man vor Deinem Tode nur Eckensteher lobt und anerkennt!”

Ja, gar süß weiß der hinterlistigste aller Gevatter zu schalmeien; aber er betreibt dies Gewerk nicht allein.

Denn er hat um desto mehr Schützenhilfe, je mehr lebende Kräfte und Mächte wider Euer Werk stehen. Er greift Euch mit derartiger Gewalt an, weil er Angst davor hat, dass Ihr ihn überwinden möchtet.

Ebenso wie die, deren Ableben nur einen Teil der Menschheit für einen kurzen Moment berühren wird. Deren Neid und Hass ist in der Tat gefährlich.

Denn sie können es nicht ertragen, dass Ihr keine Jachten und Luxusvillen braucht, um lediglich vorübergehend als wichtig zu gelten. Dass Euch ein Wurstbrot und ein Bier reicht, um alle Weite der Welt ohne Hunger nach Nahrung oder gar dem Unwichtigsten in Euch und außerhalb Euer aufzuspannen. (weiterlesen…)