Mit ‘Konstantin Eulenspiegel’ getaggte Artikel

Einspruch, lieber Jermain!

Donnerstag, 27. März 2014

Beim geschätzten Jermain Foutre le Camp findet sich eine schöne Liste an Zitaten zum Schreiben und zu den Schreibenden.

http://ultimativefreiheitonline.wordpress.com/2014/02/04/der-zustand-des-schreibenden-teilt-sich-dem-wahren-leser-sogleich-vollig-mit/

Allein, das Goethe-Zitat, das er auch zum Titel erwählte, findet meine Zustimmung nicht: “Der Zustand des Schreibenden teilt sich dem wahren Leser sogleich völlig mit.”

Und das liegt nicht daran, dass ich, wie treue Leser wissen, trotz dessen unbestrittener Fertigkeiten und Leistungen, kein unumschränkter Bewunderer Goethes bin, vieles gar verabscheue, was er angerichtet hat.

Der Satz ist nach meiner eigenen Erfahrung wie entlang meinen sonstigen Kenntnissen von literarischem Schaffen einfach nicht richtig. (weiterlesen…)

Konstantin in Leiptsch schon engagiert

Dienstag, 19. November 2013

Nachdem Konstantin so gut geschlafen hatte wie seit Wochen nicht mehr, einem kleinen kräftigenden Spaziergange durch Leipzig, begab er sich zu einem Isswasundsovielduwillstfrühstück.

Das tat, trotz des ausgezeichneten Gänsebratens am Abend zuvor, noch einmal not.

“Wirklich merkwürdig”, dachte er bei sich, “dass ich nach so einem Abendessen anderntags nochmal einen Hunger habe alswie ein Wolf. Die Hamburger und der Speichel haben mir wirklich hart zugesetzt.”

Also folgete Schinken- auf Käsbrötchen, nicht Ei noch Butter noch Senf noch sonst ein Vorhandenes ward geschont, bis dass der Ranzen endlich wieder wirklich feist spannete.

Nun besahe Konstantin Leipzig sich bei Tage. Auch eine Stadt, der schwere Wunden geschlagen worden waren, die aber ganz fidel schien, zumal die Sächsinnen.

Gegen Viere, nach einem ersten Biere, einfach auf dem Bänkchen in die Luft genossen, beschloss Konstantin, die Zeit nicht länger verstreichen zu lassen, endlich seinen letztabendlichen Zechgenoss, den Berthold, anzurufen.

Dessen wohl um achtzehnjährige Tochter war am Apparat. Leicht schnippisch frug sie nach Konstantins Berechtigung, ihren Herrn Papa fernmündlich anzugehen.

Konstantin, nicht faul, entgegnete, dass der Berthold gestern Abend sehr wohl noch einen rechnungsfähigen Eindruck gemacht habe, indem er diesen Anruf geladen, die junge Dame möchte ihre Torwächterfunktion deshalb als richtig angesetzt aber gleichwohl zügig beendet begreifen, ihren Alten, wo möglich, in Bälde beiziehen.

Daraufhin spurte Elli Rüb. Der Papa kam.

“Rüb, guten Tag.”

“Hallo Berthold, hier ist der Konstantin. Wie geht’s? Ich plauderte, einladungsgemäß, gerne mal mit dir über dein Theater, was sonst so in Leipzig.”

“Ach, der Konstantin. Lass’ mich mal überlegen. Ich habe heute noch einiges an der Backe. Aber heute Abend um acht, da könnten wir uns im Kreuzkeller treffen, da gibt’s prima rustikales Essen, und der Wein stimmt auch. Findest du das?”

“Na klar. Es wird ja wohl selbst in Leipzig keine drei Kreuzkeller geben.”

“So ist es. Also bis dann.”

“Bis dann.”

Konstantin war etwas überpünktlich, kam also schon viertel vor acht, der Keller war ein echter Keller, bürgerliches Publikum. Er bat darum, erst bestellen zu dürfen, wenn sein Genoss käme.

Berthold traf auch zum Zeitpunkte ein, man gab sich die Hand, lachte erstmal, bestellte auf des ersteren Empfehlung hin zunächst den weißen Hauswein.

“Was esse ich hier denn am besten?”, frug Konstantin, indem der Wein gekommen.

Na, wenn du’s fleischig willst, mal kalt, dann die Wurst- und Schinkenplatte. Ansonsten die Käseplatte. Auch nicht zu verachten. Warm empföhle ich den Rinderbraten in Starkbier-Pfeffersauce. Da hat noch keiner gemeckert, der einen Arsch in der Hose hatte.”

“Was nimmst du?”

“Ich nehme die Käseplatte. Fleisch gab’s schon zu Mittag.”

“Ja, dem schließe ich mich an.”

Nach ein wenig Geplauder und einigen vertilgten Happen und indem der zweite Schoppen gerufen worden war, sagte Rüb ohne Umschweife: “Wenn du Lust hast, machst du bei mir am Theater was.”

“Was könnte ich denn da können?”, frug Konstantin, etwas zweiflig. “Ich habe keinerlei Ausbildung in der Richtung.”

Rüb lachte schallend und stieß erstmal mit Konstantin an.

“Trinken wir erstmal einen Schluck auf den guten Käse, das schöne Lokal, den beginnenden Abend, die schönen Frauen, und, nicht zuletzt, auf uns!”

Konstantin freute sich, denn der Berthold war wirklich ein jovialer Kerl, witzig und gebildet allzumal, der in keiner Weise einen schrägen Eindruck machte.

“Ja, und?”

“Hast du schonmal was von ‘Open Stage’ und ‘Slam Poetry’ gehört?”

“Ja, klar, das bin ich schon länger, als es die engsächsischen Begriffe dafür gibt.”

“Na also, dann blickst du da doch durch.”

“Und?”

“Mann, du Flachtüte, ich brauche einen, der diese Veranstaltungen ansagt und moderiert, der die Leute nicht zum Schlafen bringt, selber einen Plan hat, im Zweifel spontan eingrätscht, der es sichtbar selber kann, die Sache richtig abzieht. Du kannst das.”

Noch ein Schluck Weins.

“Ok, ich probier’s.”

Die weiteren Vorverhandlungen zwischen Konstantin und Berthold verliefen ziemlich unkompliziert, denn man war sich schnell einig, dass man die Sache einfach ausprobieren müsse und nähere finanzielle Konditionen unter Ehrenmännern jetzt nicht auszukaspern seien, man besser noch ordentlich einen trinken gehe und dabei lieber der zu bedenkenden Umstände und Sachen halber rede und entwickele.

Mittelschwer beladen und fröhlich alswie ein freier Dachs kam Konstantin gegen halb zwei ins Quartier, und er fühlte sich wahrlich gut zu Leipzig.

 

 

 

Konstantin schlägt in Leipzig auf

Dienstag, 19. November 2013

Nachdem Konstantin sich beim Bierchen, bei seinem Zigarettchen und seinem Liedchen erholt hatte, das Gefühl ihn durchströmete, wieder ganz der Alte zu sein, stromerte er, es war erst kurz vor Mittag, noch ein wenig durch Hamburg, aß eine Kleinigkeit, packte sein Gezeugs in der Pension, machte sich, indem er seinen Scheck eingelöst, zum Hauptbahnhof, besahe die Tafel, löste einen Fahrschein gen Leipzig, denn allda, insgesamt bei den Sachsen, hatte er noch wenig zu tun gehabt.

Im Zuge schrieb er Maike noch einen Brief.

Wer weiß, vielleicht verziehe sie ihm irgendwann.

Er war da ja auch nur reingerutscht, hatte es nie böse gemeint.

Immerhin, gutes Zehrgeld war aus dem Zerzeugshaus des Speichels am Ende herausgesprungen.

Und etwas sinnfällige Zersetzung war auch gelungen. Mal sehen, was der nächste Titel brächte. Zum ersten Male, es war ein Freitag, war Konstantin gespannt aufs kommende Heft.

Nach einem kleinen Schläfchen gar glücklich in Leipzig angekommen, ersuchte er sich ein einfaches Quartier, nicht zu weit von der Innenstadt, denn er gedachte heute Nacht vielleicht mal wieder richtig einen draufzumachen. Gut trinken und gut frei durchatmen.

Und, zumal, erst einmal gescheit essen. Hamburg hatte ihn ausgezehrt.

Und, siehe da, eine Gastwirtschaft fand sich, die traditionellen deutschen Gänsebraten mit hausgemachten Klößen und Blaukraut erbot. Das las er gerne. Vornab die Gemüsesuppe, zum Abgang Vanilleeis mit Brombeerrumtopf, sowie einen Courvoisier und unterwegs zunächst einen Weißen von der Unstrut, hernach einen Roten vom Kaiserstuhle. Kurzum: Er fühlte sich wieder wie ein ganzer Mann.

Die vergleichsweise unprätentiöse Art der Leipzigerinnen war ihm schon aufgefallen. Auch das eine Erholung gegenüber Hamburg. Auch wenn nicht weit von Hamburg und nicht gar so unhamburgerisch noch die Gitte durch seine Sinne spukte…

“Nein, bis dass du in Leiptsch Zoten anzettelst, wirst du dich zunächst zwei oder drei Tage erholen. Hamburg war hart. Das will erst verdaut sein.”

So schlurfte er nach seinem Mahle noch einige Stunden durch die Stadt, bis dass ihn der Nachdurst noch in ein Gasthaus führte, allwo des Weines zwar nicht billig, aber bestens.

Dorten, es war nunmehr schon nach Mitternacht, ging es gesittetermaßen hoch her. Nicht wenig lose Weiber warfen Konstantin ermunternde Blicke zu.

So ergab es sich schließlich auch an seinem Tische, dass er des Woher und des Wohins gefragt.

Konstantin, doch sehr gelöst ob des Verlaufs des Tages, gab ein paar Sprüche zum besten, zeigte sich von seiner erquicklichsten Seite.

Berthold, der Interessanteste und offensichtlich Trinkfesteste an der Tafel, gab ihm schließlich, indem er seine Gattin entführte, noch seine Karte, Konstantin möchte sich bei ihm melden, wofern er Interesse an einer pässlichen Tätigkeit oder auch nur einem also vergnüglichen Samstagabende habe.

Konstantin bedankte sich artig, man verabschiedete sich, und Konstantin war nun doch nach Bette und Schlummer.

Auf dem Heimwege besahe er sich aber noch die Karte: “Berthold Rüb – Centraltheater Leipzig – Intendant”.

“Mein lieber Schwan”, dachte sich Konstantin, “die Einladung werde ich sicher nicht verstreichen lassen.”

Und also ging er fröhlich zu Bette.

 

 

Konstantin entspeichelt sich

Montag, 18. November 2013

Konstantin fuhr zwar scheinbar noch zum Speichel, in Wirklichkeit aber kroch er.

Eine gute Miene zu dem dort dargebotenen Spiele zu machen, jetzt schon seit Wochen, das machte ihn kirre.

Er sahe und hörte, wie das ganze Buchstabengeschmeiß von Reuters und den anderen Schwindelagenturen hereinkam, wie in einer Billigstwurstfabrik nur gröbst weiterverarbeitet der Kundschaft unter großem Getöse in die Schlünder gestopft ward.

Er schämte sich, auch noch ein Rädchen in diesem Lugsgetriebe zu sein, dass ihm noch nicht ein rechter, gescheiter Possen eingefallen, geschweige denn gelungen.

Er fühlte sich auf die übelstdenkbare Weise erhamburgert. Das Geschnatter der Tippsen und noch schlimmer der Redakteurinnen, die hießen jedenfalls so, an gefühlter Selbstwichtigkeit und Anmaßung nicht einmal von Pavianen zu übertreffen, raubte ihm den letzten Nerv.

Noch schlimmer die Redakteure. Allesamt entweder schwul oder hinterschleimerte, arglistige Bündler und fiese Eckensteher. Dante hätte, so dachte er bei sich, hier zum Thema Höllen noch etwas lernen können.

Redlichkeit und Anstand waren hier zwei völlig unbekannte Fremdwörter. Eine einzige korrupte Propagandamaschine. Eine Poporogandamaschine.

Dazu die stechenden Blicke Maikes. Er fühlte sich hundeelend.

Das mit dem Channeling schmank er sich ab. Es musste irgendeine vernünftige Eskalation her, wenigstens ein Rausschmiss hochkant.

So beschloss er kurzerhand, zum Chefredakteur zu gehen, sich dort unfugshalber einfach auf seine guten alten Instinkte zu verlassen, egal, wie dann der Ausgang.

Schließlich wurde er vorgelassen. Dr. Worpswede wirkte recht gelassen, ein leichtes zynisches Lächeln spielte um seine Lefzen.

“Nun, Herr Eulenspiegel, was verschafft mir die Ehre?”, frug der Schabrack.

“Sie sollten mich zum Ressortchef machen”, versetzte Konstantin ohne Umschweife.

Worpswede guckte erst etwas überrascht, begann dann unvermittelt zu gackern alswie ein altes, räudiges Perlhuhn.

“Was, häha, was sollte ich? Sind Sie nicht ganz bei Trost?”

“Naja, ich sage es mal ganz direkt. Nur so haben Sie noch ein Chance, Ihren Arsch zu retten, mit Verlaub, Chef”, setzte Konstantin ungerührt nach.

“Sie haben wohl nicht nur ein Rad ab, Eulenspiegel, verlassen Sie sofort mein Büro, holen Sie sich Ihre Papiere”, konterte der andere scheinbar gelassen, “und zwar schnell, sonst rufe ich den Sicherheitsdienst.”

“Gut”, meinte Konstantin wirklich gelassen, “jeder hat Chancen im Leben, mancher verpasst sie. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Herr Doktor. Gute Wünsche werden Sie noch brauchen. Gehaben Sie sich wohl.” Und wand sich zur Tür.

Justament, indem sich Konstantins Hand um die Klinke schließen wollte, erscholl es von hinten: “Halt! Bleiben Sie noch einen Moment!”

Konstantin drehte sich wie als ob sehr verwundert um und meinte, gerunzelter Stirn: “Was sollte ich Ihnen noch, ich denke, ich bin entlassen? Wozu sollte ich mich Ihnen noch mitteilen?”

Worpswede kochte. Aber er nahm sich zusammen. “Setzen Sie sich. Setzen Sie sich.”

Konstantin zögerte einen Moment, setzte sich dann aber, schlug das rechte Bein über das linke, ansonsten ganz entspannt.

“Reden Sie!”

Konstantin lächelte. “Wozu? Ich bin doch entlassen.”

“REDEN Sie!!!”, donnerte der Doktor.

“Also gut. Dann aber Abfindung. Papier her, Unterschrift, oder ich gehe”, sagte Konstantin also kühle wie leise.

“Und dass auch das klar ist: Ich werde keine Namen nennen.”

“Wer steckt dahinter?”, külchte Worpswede.

“Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich Ihnen lediglich informativ helfen werde, aber keine Namen nennen. Dabei bleibt es. Wo ist die Abfindungsvereinbarung?”

Jetzt wurde der Doktor wieder Profi. Es war ernst.

“Wie viel wollen Sie?”

Konstantin hätte gern richtig hingelangt, besann sich aber eines Besseren.

“Zwanzigtausend. Das ist zwar fast geschenkt, aber ich will raus aus diesem Puff. Ohne weiteren Schaden zu nehmen. Ich komme in einer Viertelstunde wieder. Wenn der Wisch auf dem Tisch liegt, packe ich aus. Ansonsten wünsche ich Ihnen noch viel Glück.”

Stand auf und verließ Worpswedes Büro.

Eine Viertelstunde später lag der Wisch auf dem Tisch, der Doktor hatte seine Krawatte etwas gelockert und offensichtlich einen guten doppelten Kognak eingegeust.

“Also, jetzt, Klartext!”, bellte er, indem Konstantin den Abfindungsvertrag einsteckte.

“Es läuft eine Verschwörung gegen Sie”, meinte er trocken.

“Man kolportiert, Sie seien verrückt, ja besessen.”

“Was?”

“Die Leute erzählen sich, und viele glauben das, Sie ließen sich sowohl Hefttitel- als auch Themenauswahl channeln. Sie glaubten an eine diskarnierte Wesenheit namens Karb, von der Sie sich bedingungslos diktieren ließen. Daher die rückläufigen Verkäufe, bei Abos wie am Kiosk. Der Chef sei nicht mehr ganz hiesig, keine publizistische Vernunft mehr dringe an sein Ohr.”

“Wie viele sind es?”

“Ich weiß nicht genau, man spricht ja nicht so offen darüber. Ich habe auch keine Ahnung, woher das Gerücht rührt. Aber es geht herum, das ist sicher.”

Worpswede sann eine Weile.

“Und wenn Sie bleiben, mir gegen das Gesindel helfen, wie wäre das, Herr Eulenspiegel?”

“Tut mir leid, Herr Doktor”, sagte Konstantin nach einer kurzen Pause ungerührt, “da müssen Sie schon selber durch. Wer sich Irre züchtet, der hat dann halt irgendwann auch welche.”

Kopfschüttelnd stand er auf, machte sich zur Türe, ehe der andere noch etwas anzusetzen wusste, rüber an seinen Platz, packte schnelle sein Bündel, auf zur Pforte, raus an die frische Luft.

Er holte sich am Imbiss ein Jeverchen, setzte sich auf die Bank an der Außenalster, da alles begonnen hatte, nahm einen tiefen Zug, drehte sich eine, pfiff erstmal ein Liedchen.

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/08/07/konstantin-eulenspiegels-bisherige-fahrnisse/

 

Konstantins Speichel-Alp

Mittwoch, 07. August 2013

Konstantin war am Grunde seines Herzens wund. Er wusste, dass das mit Maike ziemlich schiefgelaufen war, und er wusste, dass er es beim Speichel nicht mehr sehr lange aushalten werde, bis dass er dann keine angemessene Lektion erteilt.

Im Schlafe saß er auf einmal an einem Konferenztisch, und alle sprachen ihn als Herr Chefredakteur an, und er wusste weder, was er verbrochen hatte, noch seinen Klarnamen, noch was er sagen sollte, als es um die von ihm vorgeschlagene grundsätzliche Redaktionsumbildung sowie strategische Neuausrichtung des Verlags ging. Maike brachte immerzu Kaffee. Fast alle tranken Milchkaffee. Ein Bier hätte notgetan. Nirgend ein Bier. Jetzt merkte Konstantin auch noch, dass man ihm ein ganz hinterlistiges Rauschmittel zugeführt haben musste, wahrscheinlich mit diesem Drecksaprikosensaft. Was ist das? – schoss es ihm durch den Kopf. Eine verdammt dreckige Mischung ist das. “Sie können mich alle…äh…Sie…!”, brüllte Konstantin im Schlafe, also dass er davon erwachte.

Das Bier war da, es war halb vier, und kühle es rann gar köstlich seine Kehl hinunt. (weiterlesen…)

Konstantin Volontär beim Hamburger Speichel

Mittwoch, 07. August 2013

Nachdem wir nun also auf Konstantins Wunsch hin ausdrücklich nachschieben mussten, wie die Sekretärin des Magazins Der Speichel, Maike, mit ihm abgerechnet, da er noch kurz zuvor für eine Nacht das Bette mit ihr geteilt, ist’s auch Zeit, von seinen zwischenzeitlichen Bemühungen zu berichten.

Konstantin ist tatsächlich Volontär beim Speichel. Seit vier Wochen schon. Es war nicht ganz einfach. Er musste, Deibel aber auch, noch einmal ins Alte Watt, sich über allerlei Späße ein Vorstellungsgespräch erquatschen. Konstantin hatte noch keine Ahnung, mit welcher Qualifikation er auftrumpfen wolle. Er fand dann aber zwischen all dem wichtigtuerischen Ungemach, dass er sich, wenn er das nicht sagte, gewissermaßen gleichzeitig als eine Art Hofnarren und Mädchen vom Dienst, das nicht nur reden kann, sondern zur Not auch so schreibt, ja, wohl letzteres noch nicht gut genug, weshalb er es ja hier an solch heiliger Stätte besser lernen wolle, bewerben könne.

Die Sache war schnell geritzt. Er bekam einen 25-Stunden-Vertrag mit bescheidener Vergütung, wovon ihm ersteres gerade recht, schließlich hat Konstantin immer etwas zu tun, und schritt ans Werk.

Der einzige Tisch in der Kantine – wo er brav hingeht, obschon das Essen recht mäßig – , an dem er noch nicht saß, die Stimmung unter den neuen Kollegen etwas aufzulockern, ist jener, an dem Maike stets zu sitzen pflegt. Sie schaut ihn nur mit Eisaugen an. Wehe, ein Kollege, gar sein Vorgesetzter, bittet ihn, dummicht mit dem Plastiktablett noch unverhaftet, an “ihren” Tisch. Konstantin ist auf das Äußerste gefasst und vorbereitet.

Inzwischen kennt er natürlich sämtliche Redaktionsgerüchte, Eifersüchteleien, den Jargon, die Empfindlichkeiten, die Arbeitsweise, die Auffassungsgabe, die Sensationslust, den ganzen Jahrmarkt der Eitelkeiten. Manchmal soll Maike nicht nur eisig, sondern gar grimmig blicken.

Nachdem Konstantin mit kleinen Botendiensten, Kaffeeholen und kleinen Recherchen, mal einer Textdurchsicht auch befasst, sprach es sich schnell herum, dass Konstantin nicht nur mündlich über ein feines Sprachgefühl verfüge, sondern sehr genau, ja selbst gefühlvoll zu lektorieren wusste, so dass passierte, was nicht ausbleiben konnte, nämlich, dass nicht nur Sekretärinnen, sondern auch gestandene Redakteurinnen zunehmend Gefallen an ihm fanden. Die Lage ist prekär wie nie. Wenn Maike platzt, ist alles vorbei.

Es begibt sich zu einer Mittagspause. Konstantin weiß, dass er wie als ob gezwungen an Maikes Tisch gelangen muss, bevor das Unheil einfach steuermannslos seinen Lauf nimmt. Er muss es aber so geschickt anstellen, dass er ihren Sinn für Humor überraschend genau trifft, oder so, dass es, Deibel aber auch, für sie alswie nicht geplant aussieht, sie sich jedenfalls dessen nicht hinreichend sicher.

Ein Kollege sitzt immer mit ihr am Tisch, und er macht ihr mächtig Avancen. Ein höheres Tier in der Wirtschaftsabteilung. Wenn ich den ansandele, so dass er mich nächstens zum Tische lädt, dreht Maike durch. So geht es nicht. Ich brauche eine feine List. Wenn ich am Nachbartisch sitze, fällt das schon lange nicht mehr auf, den habe ich jederzeit wie selbstverständlich. Ich darf sie selber nicht ansprechen, ausgeschlossen. ER muss mich ansprechen, ich so antworten, dass er sie fragt, was sie davon halte, womöglich insgesamt von diesem schrägen neuen Vogel? – ja, das ist es, so gehört es gemacht.

Also, ich finde heraus, auf was er in seinem Wirtschaftsdöns besonders empfindlich, reiße zum rechten Zeitpunkt ein paar Zoten dazu, so dass es entweder soherum läuft oder er mich gleich so eindringlich an seinen Tisch bittet, dass ich nicht nein sagen kann, oder dies ist wenigstens schon recht unverdächtig vorbereitet. Vielleicht sollte man die Einladung sogar einmal unter einem Vorwande ablehnen, um erst bei unschuldigster Wiedereinladung, gezwungenermaßen, ja sagen zu müssen. Mannomann. Die Nacht war schön, aber jetzt kostet’s.

Konstantin war also, trotz des Erreichten, sowohl gegenüber Maike noch nicht voll auf dem Damm, wie er auch noch nicht wusste, welcher Streich genau dem Speichel zu spielen sei. Es ging ihm aber schon eine Idee durch den Kopf. Wenn er Maike zur Vernunft brachte, so…

Er musste eine List der Verlockung anwenden. Während er den Damen gegenüber zwar freundlich und verbindlich bliebe, aber doch deutlich zurückhaltend. Dass er nicht vom anderen Ufer war, hatte er klargemacht, so dass von männlicher Seite her keine geschlechtlichen Verwicklungen dräuten. Er musste etwas gehört haben, nein, vielleicht besser zwei Sachen, die er selber nicht so recht glaube, worüber er sich aber wundere, da doch so manches nicht zusammenpasse, wovon dann die eine recht bald von ihm selbst als Fälschung entlarvt, die andere dafür aber umso mehr als immer stichhaltiger vorgetragen, was schließlich zu, na, zu irgendetwas führen, vielleicht schon eine große Gelegenheit ergeben werde.

Und die Rätselhaftigkeit seiner Person sollte ein übriges tun, indem er darauf achtete, sie nicht zu sehr ins Zentrum zu rücken oder rücken zu lassen, das Rätsel in dessen Wirkung zu verstärken.

Er würde das Rätsel so lange verstärken müssen, bis dass er genau zum richtigen Zeitpunkt mit rätselhafter Botschaft oder einfach so verschwände. So, wie ein Konstantin verschwindet, nämlich sehr schnell und so spurlos wie angesagt.

Ja, ein Rätsel war Konstantin noch, welches oder welche Rätsel er einsetzen solle.

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https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/08/07/konstantin-eulenspiegels-bisherige-fahrnisse/

 

 

Konstantin Eulenspiegels bisherige Fährnisse

Mittwoch, 07. August 2013

Ich habe hier für alle, die Anteil an Konstantins Schicksalen und Prüfungen nehmen, die bisherigen Berichte von seinen Erlebnissen in zeitlicher Abfolge zusammengestellt.

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2010/09/05/konstantin-erlost-die-braunschweiger-kinder/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2012/12/29/konstantin-und-barli-in-zuri/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/01/01/von-katern-vom-kas-und-von-konstantin/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/01/06/wie-konstantin-schiergar-in-freiburg-blieb/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/02/21/konstantin-in-berlin/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/02/22/konstantin-noch-unter-der-alb/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/02/24/konstantin-doch-in-knokke/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/03/09/konstantin-doch-in-munchen-aufgeschlagen/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/04/06/konstantin-und-der-munchener-geck/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/04/10/50757/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/04/27/konstantin-und-der-abgender/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/01/konstantin-und-der-abgender-ii-und-mehr/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/03/51682/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/06/konstantin-auf-dem-feldberge/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/10/konstantin-in-rottweil/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/12/konstantin-rats-und-rede-in-rottweil/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/20/konstantin-weis-nicht-weibs/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/24/konstantin-in-stuttgart/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/05/29/konstantin-in-stuttgart-ii/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/06/06/konstantin-in-stuttgart-iii/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/06/09/konstantin-von-stuttgart-nach-hamburg/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/06/14/konstantin-halb-in-hamburg/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/06/27/konstantin-lernt-hamburg/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/06/29/konstantin-hamburgt-ins-alte-watt/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/08/07/maike-rechnet-mit-konstantin-ab/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/08/07/konstantin-volontar-beim-hamburger-speichel/

https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/08/07/konstantins-speichel-alp/

 

Maike rechnet mit Konstantin ab

Mittwoch, 07. August 2013

Konstantin hat mich recht ungehalten aus Hamburg angerufen und meinte, dass ich, wenn ich den Leser schon mit seinen versehentlichen amourösen Abenteuern anfütterte, diesen nicht also auf die Folter spannen könne, wie ich das zum Schlusse des letzten Kapitels getan, indem ich ankündigte, von der Beicht- und Wutszene mit der Maike, des Morgens nach der Liebesnacht, erst zu berichten, wenn er mit Hamburg “durch” sei.

Konstantin redet mir selten in meine Chronik hinein, und wenn er es tut, hat er seine Gründe, die ich nicht zu hinterfragen berufen, es sei denn, ich sähe sein Ansinnen als so bedenklich, dass ich ihm als Freund dawider raten müsste.

Es begab sich also, dass Maike und Konstantin am Frühstückstische saßen und Konstantin klarward, dass er zwar als ein ziemlicher Spitzbube dastehen möchte, ein schlimmes Gewitter über ihn hereinbrechen, er aber doch nicht umhin konnte, dahingehend die Wahrheit zu sagen, mit welcher Absicht er ins Alte Watt gekommen, nämlich jener, der Hamburger Journaille, speziell jener des Speichels, auf den Pelz zu rücken, also keineswegs, um sie flachzulegen, was nun aber in all jener schwülichten Tristesse an jenem Orte fast wie zwangsläufig geschehen sei, ja, er habe sich bald nur noch für sie interessiert, mit jedem Biere mehr, und umgekehrt habe es ebenso geschienen: Kurzum, er habe die Nacht nicht mit ihr verbracht  w e i l sie beim Speichel Sekretärin sei, sondern, gewissermaßen, trotzdem, seine Urabsicht opfernd, was er aber nicht bereue, lediglich, dass er ihr nicht schon gestern Abend gesagt habe, auf welcher Mission er unterwegs sei. Er habe aber befürchtet…

Ganz norddeutsch hörte sich Maike seinen ganzen Sermon ruhig an, lediglich ihre hübschen kleinen Nasenflügelchen zitterten zwischenzeitlich ein wenig.

Als Konstantin geendigt hatte, nahm sie seelenruhig ihre lauwarme Riesentasse Milchkaffee, stand auf, als wolle sie damit in Gedanken irgendwohin, und, gieß, ganz langsam lief die ganze Brühe Konstantin über Kalotte und Wams.

“Magst Du noch einen Nachguss? Bei uns zuhause hätte ich jetzt gleich eine Mistgabel zur Hand oder wenigstens einen Ochsenziemer: ich dengle Deinen Intrigantenschädel aber auch gerne damit nach alter Dithmarscher Sitte”, meinte sie ungerührt und nahm eine gußeiserne Bratpfanne vom Wandhaken. (weiterlesen…)

Konstantin hamburgt ins Alte Watt

Samstag, 29. Juni 2013

‘Nein, am Kaufmännischen wirst du die Hamburger nicht so leicht packen’, sagte sich Konstantin, indem er das zweite Fischbrötchen verdrückt und sein Flens geleert hatte, wobei sein Blick auf ein hässliches Hochhaus fiel, auf dem in großen roten Lettern stund: DER SPEICHEL.

‘Oh’, dachte er bei sich, ‘nun bist du also unversehens visavis vom Speichel gelandet, und das, indem in Hamburg mal die Sonne scheint. Ein Zeichen.’

Konstantins Jagdinstinkt erbob. Dorten, in diesem scheusäligen Palaste der Buchstabenschändung und -verschleuderung, allwo so viele nutzlose aufgeblasene Fanten dem Werke der Volksverdummung, ihrem alleinigen Auftrage, täglich nachgingen, war der Ort, dass er den Hamburgern das Lachen über die dummen Münchner verderben werden müsse.

Ein Plan musste her. Die Sache wollte gut bedacht sein.

Da sahe er unweit eine Frittenbude, allwo er meinte, sich nähere, zielführende Kunde über die Insassen jenes Mentalasyls verschaffen zu können, was ihm umso wahrscheinlicher erfolgreich bewerkstelligen zu können deuchte, sintemalen er, indem er sich näherte, daselbst einiger Gestalten gewahrte, die genau so aussahen, wie man sich jene Sorte Schmierfinken und -finkinnen vorstellt, die noch den letzten Vorteil aus dem Elbschlick lesen.

Also ganz hin, ein Jever bestellt, ein bisschen einen auf dumm und Zufall gemacht. (weiterlesen…)

Konstantin lernt Hamburg

Donnerstag, 27. Juni 2013

Konstantin erwachte recht frühe, richtete sich einigermaßen, machte am Rezeptionsrechner noch ein paar Zweithandläden aus, begab sich durch Hamburg, geeignete Garderobe für einen auszumachen, der in der Kaufmannsstadt zum Hoch-, Tief- und Normalstapeln geeignet sein möchte.

Der erste Laden, Connies Butze, war von eher allzu geckenhaftem Sortiment; doch fand er daselbst nach einigem Stöbern immerhin einen preiswerten Schottenschal, alswie ein Paar lila Lackschuhe, von denen er zwar noch nicht wusste, wozu sie taugen sollten, doch sagte ihm eine innere Stimme, dass die ihm bei seinen Unternehmungen noch zupass kommen könnten.

Hernach, im Hanse-Bestpreis-Knaller, allwo eine jener unvergleichlichen blonden Hamburger Schönheiten, etwa sein Semester, Dienst tat, dass er sich kaum auf die Hosen- und Sakkosuche allein zu bedingen wusste, widerfuhr’s ihm wie folgt.

“Daaf ich döhm Herrn helföhn?”, frug sie ihn schließlich freundlich in wunderschönstem, hellem, norddeutschem Singsang, in schwarzen Stiefeletten, knielangem lindgrünem Rock und glanzdunkelblauer Satinbluse, also, dass Konstantin sahe, wie schönste Knospen eben nicht nur im sonnenverwöhnten Breisgau gedeihen und erblühn, sondern auch unter meist nieselregnerischen Himmeln.

“Äh”, sagte Konstantin – er hasste es, einen Satz also zu beginnen – “wofern mir Frau Chefin dabei hülfe, sicherlich darin erfahren, einem kleinen Geschäftsmanne zu geeigneter Behosung und Bejackung zu raten, wäre sie meiner Dankbarkeit und umgehenden artigen Bezahlung angemessenen Kleides allergernst gewiss.”

Konstantin war sofort klar, dass er mit seinem aufgeblasenen Geschwätz deutlich übertrieben hatte, rechnete mit einer saftigen Riposte, doch die Hamburger Kauffrau, wo eine Münchnerin wohl zwei Sekunden verdutzt geguckt hätte, vielleicht gar etwas Unprofessionelles vor sich hingegrummelt, ließ sich, außer einem kurzen, aber doch sehr adrett wirkenden hauchfeinen Stirnrunzeln, nichts anmerken, musterte des Patienten Art und Größe ruhig und meinte: “Wenn der Herr sich einen Moment setzen möchte, ich werde ihm ma’ ‘n büschen wat beisammentun.” (weiterlesen…)

Konstantin halb in Hamburg

Freitag, 14. Juni 2013

Konstantin, kaum im Zuge von Stuttgart nach Hamburg, begann sofort eifrig darauf zu sinnen, wo sich welcherart dorten zunächst einzuquartieren, wie er sich zu kleiden und wo zunächst aufzutreten er sich’s unternehmen solle, den Puls der Stadt zum Herzen hin zügig sich zu erfühlen.

Es widerte ihn sehr an, aber ihm ward bald klar, dass er nur als ein Kaufmann oder ähnlicher Aufschneider werde auftreten können, sei es auch als einer von den eher besonderen.

Er würde sich zuerst neu einkleiden müssen. Da biss die Maus kein Faden ab. Ordentliche Jeans, anständige Polohemden und Sakkos waren nebst gepflegten Stadtschuhen angezeigt: es ging nicht zu den Rottweilern oder zum Wandern auf die Alb.

Da in der Geldkatz zwar noch was drin, Hamburg aber mindestens zunächst teuer zu werden versprach, ward der beste Spätgebrauchtkleidhändler nach Ankunft besucht, schon in der neuen Kluft, noch mit den guten Stiefeln, eine diskrete Absteige ausgemacht, der Halbschuhe und ersten Erkundungen morgen nachzugehen.

Zwei Bier wollte sich Konstantin noch gönnen und ging am Kiez entlang.

Es fing an zu nieseln. Die Abendwärme Stuttgarts lag wie unter Neapel. Zum Glück hatte er seinen Regenumhang nicht geopfert. Es nahm zu. Es wurde wilder. Schließlich peitschte es zwar noch nicht, wurd aber auch seitweis schon ziemlich garstig. Da war die Pinte erreicht. (weiterlesen…)

Konstantin von Stuttgart gen Hamburg

Sonntag, 09. Juni 2013

Nachdem Konstantin mit Magnus noch ein angemessenes Frühstück, oder eher Spätstück, eingenommen hatte, also des Käses, der Fischcreme und der gekaperten Eier wie sodann des gewärmten Pferdsgulaschs nicht geschont worden war, also, dass die beiden Freunde wieder in einer Weise lustig standen, einen Abschied verkraften zu können, obschon Steinweins nicht hinzuzuführen ward, nicht einmal ein kleiner Chablis, eben nur ein robuster spanischer Magenausregler, zwei Stück Konfekt zum Nachkaffee, ein genüssliches Zigarettchen, andächtig, wissend, dass es wieder lang dauern möchte bis zu einer neuerlichen ziemlichem Zusammenkunft, indem Konstantin davor, endlich in Hamburg seiner Pflicht zu tun, Magnus, wie immer, zwischen Bergen von Schriften irgendein Obauf zu erkennen sich in die Lage zu setzen sich verstehen würde müssen, dieweil sein treuer Freund sich in allerlei noch fragwürdsame Fährnisse begeben werde, ward man etwas gefühlig, was sich, so hielten sie es nunmal, in Form einer umso unmittelbareren Ansprache äußerte.

“Wie gedenkst du es jetzt mit jener Gitte, Maulheld oder Maulhalt, zu halten?”, frug Magnus fast überarg trocken.

“Ich habe ihr geschrieben, dass ich zwar schon ein bisschen was von Hunden verstünde, aber wohl noch nicht viel von Pferden. Ich käme also gerne mal auf Papas Reiterhof, der Anfangsgründe dieses edlen, bislang versäumten Behufs etwas zu erlernen.”

“Und sonst? Was ist mit den Hamburgern?” (weiterlesen…)

Konstantin in Stuttgart (III)

Donnerstag, 06. Juni 2013

Nachdem Konstantin und Magnus des letzteren Stammkneipe verlassen hatten, zogen die beiden Freunde von hier nach dort, bis es schon recht spat geworden war und Magnus dazu riet, noch das Café V. aufzusuchen, allwo ein recht interessant gemischtes Publikum aufzuschlagen pflege.

An der Bar sahe Magnus, dass dahinter, wohl als eine Art spiritus rector, jedenfalls selbst nicht bedienend, sichtlich bestens gelaunt, ein elegant schwarzgekleideter Herr von vielleicht sechzig Jahren stand, sich angelegentlich nach hüben wie drüben sehr freundlich unterhaltend, alsmitwelchem Magnus einschließlich anderer eigentümlicher Vögel schon einmal länger gesessen hatte, von ihm erfahren, dass er Gedichte verfasse, alswovon er auch wohl einen Auszug vorgetragen, dessen Inhalt aber, ob der Schwere der Stunde, weitgehend aus seinem Gedächtnis entfleucht, fast nur die Eleganz des Vortrags haftengeblieben.

So frug er denn, wohl wissend, dass auch Konstantin feiner Poesie nicht abgeneigt, den Distinguierten, ob es denn nicht etwas von seinen Werken zu lesen gebe, vielleicht gar hier, jetzt gleich, oder anderwie erhältlich, das möchte ihn delektieren. (weiterlesen…)

Konstantin in Stuttgart (II)

Mittwoch, 29. Mai 2013

Magnus war schon etwas früher erwacht und hatte das Frühstück besorgt, Brot, Butter und Käs nebst einem grob aufgeschnittenen Schinken, Flädlessupp sowie Feldsalat mit ordentlich Frühzwiebel und Radies, dazu einen wohlangemessenen Eierkuchen, aufgestellt.

Das mochte auch Konstantin gefallen, ein Gläschen Weißburgunder sollte nicht fehlen, da man beschloss, das Frühstück auch gleich zum Mittagsmahle zu machen, alswelches, wenn man so großer Taten lustig, alswie den Kern von Schwabenstan, genannt gemeinhin Stuttgart, aus seiner eingesumpften Trägheit in dionysisch erkennende Freude zu werfen.

Klar war, dass Magnus als Schwabe sehr vorbelastet war, Konstantin als Nichtschwabe des sonstigen Terrains aber nicht unbedingt sicherer, denn ersterer, also, dass man, wirklich den fast unabwendbaren Schalk im Nacken, noch einen spazierenden Nachmittag im Schlossgarten und hinten bei den brabbelnden Schachspielern verbracht, schließlich, sozusagen, um den sichersten Teil der unsicheren Teile Stuttgarts einführend und inspirativ zu betreten, zum “Vorglühen”, wie die geschätzte M. das nennte, des Eingeborenen Stammbeiz betrat.

Bislang saß nur die schmale romantische Dichterin, wie stets sinnend, schorletrinkend und rauchend, an ihrem Plätzchen, ein paar Übliche und Unübliche lümmelten recht gelangweilt herum. Theke, zwei Glas Bier.

“Na, hier hat man wenigstens seine Ruhe!”, stichelte Konstantin nach acht oder zehn Minuten, das ganze scheinbare Trauerspiel betrachtend. (weiterlesen…)

Konstantin in Stuttgart

Freitag, 24. Mai 2013

Unangekündigt klingelte Konstantin – er wusste, dass das hier bei seinem guten alten Freunde völlig in der Ordnung – an Magnus’ Türe.

“Ja heidenei, Konschtantin, Bua, dass du oifach so reischneisch!”, also begrüßte jener ihn, “lang et gseha, Sakrament!”, indem man sich herzlich umarmte.

“Komm rei, hogg die erschdmol noh. Willsch a Bier, odder en Woi? Hosch Honger? I han noh a guede Leisasubb doh. Die isch glei gwärmed. Odder en Breggel Käs, a Schengabrod?”

“Na, so ein Kännchen Bier wäre schon recht. Lass uns später essen. Tun wir erstmal was gegen Gevatter Durst.”

Indem die beiden Krüge flugs gefüllt, man angestoßen und einen guten Schluck genommen, sagte Magnus: “Ja, verzähl, wia kommsch off oimol doher? I han dengd, du wärsch vo Wirzburg offm Wäg zu dera Hamborger Seggel.”

“Ja nun, Magnus, du weißt, wie es ist. Ich war dann zuerst in Freiburg, auf dem Feldberg, zudem in Rottweil, hernach ein paar Tage auf der Alb, mir den Trübsinn ein wenig aus dem Kopfe zu wandern.”

“Jo wa, bisch en Freiburg bei dr Gerlinde gwä? Wie gohd’s rer noh? Driabsenn, Kerle, wa sechsch do, wa isch los?”

“Gerlinde hat inzwischen einen Hans. Der sorgt für sie. Und er ist schwer in Ordnung.”

“Oh je. Scheiße abber au.”

Beide schwiegen eine Weile. (weiterlesen…)

Konstantin weiß nicht Weibs

Montag, 20. Mai 2013

Konstantin war von Rottweil in Richtung Schwäbische Alb gewandert, und er wollte erstmal nichts als wandern.

Hie und da stieß er auf einen kleinen Flecken, wo er Weinschlauch und Brotbeutel füllte und sich eine Lammbrust oder ein Huhn, am abendlichen Feuer zu braten, besorgte.

Und immer wieder dachte er an die seiner harrende Hamburg; doch überkam ihn für die nächste Zeit nicht die geringste Lust, obzwar er viel von der Schönheit der Hamburgerinnen gehört hatte, sich jetzt im Nieselregen mit Kaufmannsstenzen, hochnäsigen Gecken und anmaßenden Kokotten herumzuschlagen, allda ihm, auf der herrlich sonnigen Alb, wo ihn derbe Holzknechte und brave Schäfer grüßten, noch seine Erlebnisse zu Würzburg, Freiburg und Rottweil durch den Kopf gingen.

Wenn, ja, wenn…

Die kecke Gitte, er sahe sie noch in der verlöschenden Glut, mit der er zu Würzburg einen gar köstlichen Abend verbracht, wollte ihm alswie ein vor lauter Dummheit schnöde verschmäheter Engel nicht aus dem Sinn. So gut und lustig hatte er sich nun leider selten mit einem Weibe unterhalten.

“Teufel aber auch, du wirst dich doch nicht etwa an einem Abend in eine freche Gelahrte verguckt haben, dessen nicht einmal merkend, meinend, dein Lieb warte deiner noch in Freiburg?  Du wirst ihr jetzt doch nicht gleich Hals über Kopf hinterherrennen? Außerdem war sie zwar schließlich gar freundlich, die Umarmung zum Abschiede herzlich, und, ja, sie lud dich auf den Reiterhof ihrer Eltern ein, doch mehr schien nicht im Schwange. Aber, sie ist ja eins von den wenigen gelahrten Weibern mit Herz und Sinn: Spürte sie vielleicht, dass du sie weiland gar nicht ernstlich begehrtest, da eine andere sein musste? Teufel aber auch, was reimst du dir da alles zusammen.” (weiterlesen…)

Konstantin: Rats und Rede in Rottweil

Sonntag, 12. Mai 2013

Indem Konstantin nach seinem ersten vergnüglichen Abend in Rottweil erst einmal gut ausgeschlafen, sich gereckt, ein angemessenes Frühstück eingenommen, Stadt und Umgebung ein wenig durchstreift, wobei er zunächst den Eindruck hatte, dass die Rottweilerinnen etwas vierschrötiger denn die Freiburgerinnen daherkämen, was er vorderhand dem rauheren Klima zuschob, wofür er sich dann aber schalt, da sein Urteil diesbezüglich vielleicht doch noch etwas getrübt sein mochte, begab er sich, wie vereinbart, um zwei Uhr, an jenen vereinbarten Ort, etwas oberhalb der Stadt, wo er vom Ratsherren zur verschwiegenen Zusammenkunft ein gemütliches Bänklein, mit herrlichem Ausblicke, leichthin fand, diesen schon daselbst auf ihn wartend sitzend.

“Ha no, schee, dad kommschd, setz die erschdmol noh!”, ward er feundlichst begrüßt.

Also setzete er sich, und erst einmal schwiegen beide ein paar Minuten, der Frühlingssonne und der herrlichen Landschaft genießend.

“Wie kann ich Euch helfen, werter Rat?”, hub Konstantin schließlich an.

“Wir haben arge, streunende Rottweiler, wissen uns derer nicht mehr zu helfen.”

Zunächst verstund Konstantin nicht, dann aber ward ihm schnell klar, dass es sich hier wohl um Vertreter der so genannten Hunderasse handeln müsse, derer er schon welche als selbst für einen wackeren Burschen, wenn in Wut, wofern der kein gutes Messer griffbereit, als eine möglicherweise nicht unernsthafte Prüfung erlebt hatte.

“Ja seid ihr Rottweiler nicht manns genug, ein paar streunender Rottweiler Herr zu werden, und sei es, dass der Knüttel sausen muss, bis dass sie Ruhe geben?”

“So einfach ist die Sache leider nicht. Nicht nur, dass wir Rottweiler Rottweiler lieben, es geht auch um das Ansehen unserer Stadt in aller Welt. Was soll man denn von uns halten, wenn wir, uns nicht anders zu helfen wissend, beginnen, Rottweiler totzuschlagen? Was denkst du, wie man nicht nur in Tuttlingen und Villingen, nein gar in Stuttgart und darüber hinaus, über uns lachen und spotten wird? Der Ruf der ganzen Stadt, aller Rottweiler, steht auf dem Spiele.”

“Wie kam es denn, dass die Hunde wild und bös wurden?”, fragte Konstantin.

“Es gibt hier drei große Züchter. Jeder versuchte die anderen darin zu übertreffen, dass er noch größere und schärfere Rottweiler habe. Bei der jährlichen Schau sind dann plötzlich, unvermittelt, von jedem vier Tiere ausgebrochen, die stärksten; seitdem holen sie sich Hühner, Jungsauen, Kälber, Schafe, Ziegen: was sie nur finden. Dem Breitgwann Karl haben sie sogar seinen Zuchtbullen niedergemacht und zusammengefressen.”

“Hat denn keiner versucht, mit den Hunden zu reden?”

“Natürlich haben wir das versucht. Sie greifen ja auch keine Menschen an. Jedenfalls noch nicht. Aber wer sich hinstellt, der bekommt ein Geknurre und Gefauche, dass er sich nicht weiters versuchen will, wann er nicht doch einmal rottweilermäßig gebissen wird. Du weißt, wie Rottweiler beißen können?”

“Ich habe es mir sagen lassen. Gründlich. Kann der Knochen schnell ab sein. Das wünsche ich keinem.”

“Eben.”

“Das Beste also, wenn ich das richtig verstanden, wäre, wenn ich mit den Tieren mal vernünftig redete.”

“Genau.”

Konstantin dachte eine Weile nach und sagte schließlich: “Gut, ich will mich dessen unterfangen. Aber ich brauche Hilfe.”

“Welcher Hilfe?”

“Ich bedarf der zwölf stärksten Männer Rottweils, die es mit bloßen Händen je mit einem Rottweiler aufnehmen können, Hunde lieben, je gerne einen guten Rottweiler hätten.”

Der alte Rat wog seinen Kopf hin und wieder, sagte schließlich: “Ich werde dir die Männer schaffen. Wir treffen uns morgen Abend in der Rottweiler Stube, allwo ich dich kennengelernt. Um die Zeche mache dir schonmal keine Gedanken.” (weiterlesen…)

Konstantin in Rottweil

Freitag, 10. Mai 2013

In den zwei Tagen, die Konstantin brauchte, Rottweil zu erreichen, endlich durchs Schwarze Tor zu schreiten, dachte er immer wieder an das Gesicht mit dem Männlein auf dem Feldberge, zumal dieser Spruch, den es ihm gesagt, wollte ihm nicht aus dem Sinne:

“Was weißt du denn schon davon, was du gelernt!”

“Wie soll ich, Heidenblitz aber auch, wenig oder gar nichts von dem wissen, was ich gelernt? Heißt das, ich kann allerlei Sachen, dachte nur noch nie daran? Wie lernt man etwas so, dass man nichts davon merkt? Was könnte es denn alles sein, das ich schon gelernt, aber noch nichts davon weiß?”

Inzwischen waren Brot, Zwiebel, Käs, Schinken und Wein aus Freiburg aufgebraucht, und Konstantin brachte einen guten Wandererhunger und -durst mit in die schmucke kleine Stadt am Neckar, die für ihre Fasnet, also auch für keinen Mangel an Narren, wenigstens zeitweis im Jahr, weithin berühmt. (weiterlesen…)

Konstantin auf dem Feldberge

Montag, 06. Mai 2013

Konstantin wusste aus Freiburg nur noch eins: Hinauf! – Also erstieg er, fast wie als ob blind und taub, der Landschaft kaum achtend, kaum, dass er zwischendrein einmal rastete, den Feldberg, wo er zum Sonnenuntergang ankam. Unter ihm alles sichtbare Land, über ihm nur der klare Maienhimmel.

Nachdem er einen Platz für die Nacht ausgemacht, wo es nicht zu zugig werden sollte – an manchen Stellen lag noch Schnee – , setzte er sich auf einen einsamen Stein, schaute allumher, trank einen Schluck von jenem vortrefflichen Riesling, den Gerlindes Hans ihm mitgegeben, und schließlich, da er den ganzen Tag nichts gegessen hatte, nicht einmal ein Konstantinsmagen sich vom langen Wandern füllt, griff er, zunächst zögerlich, dann immer zupackender, auch zu Brot und Schinken.

“Haltloser Vagabund du!” – rief er in die Abenddämmerung, alsda sich in den Tälern schon feine Nebelschleier bildeten.

Venus zeigte sich schon am Horizonte, die Nacht versprach kristallklar und kalt zu werden.

“Kann ich nicht ein anständiger Mann sein, so wie Hans?”

“Will ich immerzu unstet wandern, bis dass ich als Greis, allein, gebrechlich, von einem dunklen Stege in ein rauschendes Wasser rutsche, erbärmlich, felsenzerschunden, einsam ersoffen?”

“Was treibt mich noch, wozu immer irgendwohin?”

Da hörte Konstantin ein seltsames feines Zischen, es schien, als dränge es von unten, aus dem dichten Tann herauf, und nach und nach begann die Luft um ihn zu sirren. Endlich ein Rascheln, er wand sich um, und gewahrte ein winziges Männlein, gerade eine Handspanne lang, das mit fröhlichem Gesichte einen fingerhutgroßen Becher hob, freundlichen Gesichtes, gebärdenmäßig, einen Schluck vom Rieslinge begehrte. (weiterlesen…)

Konstantin und der Abgender (II) und mehr

Mittwoch, 01. Mai 2013

Konstantin hat sich gemeldet. Noch aus Würzburg. Er zog gleich am Schnürchen und erzählte, was er Mister Pete Reuben Randolf Dooley zum Thema “The Genes Of Gender Studies” an der Uni öffentlich gefragt habe:

“Dear Mr Dooley, I am appalled by my detection of the veraciousness of Your benign words, and, to keep it short, would endeavor to pose You just one brief, thoroughly benevolent, even if it be a dire one, humble question.”

Dooley guckte ein wenig überrascht, schien aber Herr der Lage und entgegnete, höflich-kühl, plotzlich sehr traditionally English in Mimik und Gestik: “Go ahead, Sir.”

“Then, well, I just don’t get it. The rams, for their own good, abducted from their natural mates to live duly in their own republic of 100% gender equality, how then will they procreate, to make this fine state not only stable, but thrive to eternal light?”

Nur etwa 5% im Saale hatten die Frage gleich zur Gänze verstanden, und Mr Dooley gehörte, auf seine Weise, dazu. Sein Gesicht verfärbte sich rot, und er rang nach Worten. Schließlich fand er sie. Totenstille im Saale.

“Mr Buffoon, whatever be Your name, I want You to leave the premises. I shall not answer to vile slanderers.”

Alle waren gespannt, was Konstantin nun seinerseits tun werde. Der ließ sich etwa sieben Sekunden Zeit, worauf er sehr leise sagte: “But, Mister Pete Reuben Randolf Dooley…” – woraufhin Dooley den Ausraster bekam und als wie ein Eastender, dem man das letzte Bier mutwillig vom Tresen geschüttet, brüllte: “Git aout bastird!” Alle waren etwas entsetzt ob der Verschärfung der Veranstaltung und ob der sich überschlagenden Stimme des Vortragenden.

Konstantin erhob sich gemessen, warf sich mit einem Lächeln in seine lederne Joppe, und entgegnete beim Gehen (er saß ja direkt an der Saaltür) nur noch: “You are definitely, if only temporarily, the landlord here, Sir. And an astounding one at that.”

Wenige Minuten später hatten alle den Saal verlassen. Dooley hatte die Veranstaltung stammelnd als beendet erklärt – wie Konstantin gleich draußen erfuhr, von einem wackeren Österreicher, gerade in Würzburg studierend, der ihn lachend kurz bestürmte – , und Konstantin war es erstmal recht zufrieden.

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Nun muss der Abspann der Geschichte von Konstantins erstem Entmüßigungstage in Würzburg, der ja auch noch in einen längeren Abend mündete, erstmal zurückgestellt werden, da es noch Wichtigeres zu berichten gibt.

Konstantin sagt dazu fast nie etwas, aber seine Gerlinde, die tapfere Wirtin zu Freiburg, mit ihrem Söhnchen, sie fehlen ihm gar sehr; er habe so ein Gefühl, dass er mal wieder bei ihr sein müsse, er besser ganz überraschend komme, zu sehen, wie die Dinge wirklich liegen, die sie, ihn nicht zu beunruhigen, ihm vielleicht nicht gleich oder zur Gänze offenbaren werde.

Es wird also weiterhin erstmal nichts mit Hamburg: Freiburg ruft.

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Es war, nach dieser Genderei, es war gerade mal halbert Zehne, klar, dass der kurze Hinanstieg zur schlafenden Erholung auf der Festungswiese (man findet dort auch allerlei stille Bänkchen, mit Blick auf die illuminerte Stadt) noch nicht angezeigt, also da es recht lenzenskühle geworden, noch ein Wirtshaus etwas Weines zu ersuchen. Aber nicht eilig, eher schlendernd, denn er hatte die Würzburger Innenstadt, all der Studenterei halber, noch keineswegs insgesamt durchstriffen, und nicht lange, da gewahrte er einer Weinstube, die sich “Weinhaus zum Stachel” heißt.

Er lachte zuerst, drang auch kurz ein, doch die Stadtratsgesichter, derer er dort sahe, zogen ihn auch gleich wieder hinaus.

(Er hat mir aufgetragen, nicht zu verraten, in welche Studentenkneipe, die auch guten Wein hat, was selbst zu Würzburg leider nicht selbstverständlich, Konstantin dann geriet.)

Siehe da, wie es der stets lauernde Zufall wollte, dorten wieder eine, diesmal, Doktorandin, die auch auf dem Vortrage gewesen, mit ihm zum Nachgespräche zu sitzen kam, eine, wie Konstantin es benamte, “recht Ansehnliche”, mit der die Unterhaltung freundlich anhub, wobei sie aber zunächst recht fahrig war, bis Konstantin ihr schließlich nach und nach ihre Unsicherheit nahm, sie mehrfach beruhigt hatte, dass mit ihm durchaus vernünftig zu reden sei, sie solle doch sagen, was sie beunruhige, kurzum, bis sie fragte: “Warum machst du sowas?” (Sie heißt wohl nicht Direkta, aber immerhin, zwar auch nicht Margarete, Gitte.)

“Weil es Spaß macht”, versetzte Konstantin.

“Haha. Weil es Spaß macht. Selten so gelacht. Wat’n Kalauer. Du bist kein gewöhnlicher Spaßmacher oder Clown. Außerdem hat es den meisten im Saal gar keinen besonderen Spaß gemacht. Und dass das so sein werde, wusstest du im vorhinein genau. Du hast eine Agenda.”

Konstantin merkte auf. Er habe also sogar eine Agenda. Gitte hatte selbst irgendwo einen Plan, das war klar.

“Darf ich mal kurz fragen, in was du promovierst? Entjokundologie etwa?”

Das war natürlich, mit dem Zusatze, recht frech, wenn nicht gar unhöflich von Konstantin, und er wusste das. Gitte aber ließ sich nichts anmerken, brauste nicht ein bisschen auf, sagte nur knapp, in ihrem klar norddeutschen, wenn nicht Hamburgerischen Tonfalle: “Es ist ein psycholinguistisches Thema, man könnte es auch pragmalinguistisch nennen, das hier zunächst nichts zur Sache tut.”

Nun war Konstantin klar, dass kein weiteres Geflunkere mehr durchgehen werde. Er musste Farbe bekennen.

Also erzählte er Gitte, dass er schon immer ein unsteter Geselle gewesen, es ihn nicht lange an einem Orte hielt, er daraus, aus all dem, was er auf seinen Wanderungen gesehen und gelernt, schließlich versucht habe, eine Tugend zu machen, indem er sie mittels seiner eben auch fragwürdiger Possen und Streiche im Sinne seines älteren Bruders Till nicht nur zum Vergnügen zu bringen, sondern auch zum Nachdenken anzuregen trachte, ja, eine zweifelhafte Gestalt abgebend, in der Tat mit einer Agenda, wie Gitte das nenne, dem Plane, Menschen sowohl zur Freude einzuladen wie zur Besinnung.

Hernach, so Konstantin, war das Eis gebrochen, und sie fachsimpelten mitsammen immer wieder so hellen Gelächters, dass der Wirt nicht nur einmal mahnte; und indem sie sich gut nach Mitternacht und guter Zeche – Konstantin bekam zum Sommer hin noch eine Einladung auf den Reiterhof von Gittes Eltern – züchtig verabschiedet hatten, wird es wohl geschehen sein, dass Konstantin erkannte, erstmal gen Freiburg zu seiner Gerlinde ziehen zu müssen.

 

 

 

Ein gefühliger Weibsblog

Donnerstag, 18. April 2013

Bin eben mal wieder auf einen sentimentalen Weibsblog geraten.

Nicht ein Gran Relevantes, aber den Leuten, wohl auch Männern, wie man an den Kommentaren sahe, gefällt’s.

Letztere überfliegend – ich war schonmal dort, und es war kaum anders – fand ich nicht eine Aussage von Gehalt: Jede fühlt mit jeder und jedem und jeder mit jeder und jedem, und das scheint so gut zu tun, dass einiges zusammenkommt.

Ich frage mich natürlich, wie langweilig es Leuten sein muss, dass sie sich derlei zum Steckenpferde machen. (weiterlesen…)

Konstantin Weines in Würzburg

Mittwoch, 10. April 2013

Nachdem Konstantin in München seine Geldkatz’ für die nächsten Unternehmungen zu Hamburg gefüllt hatte, beschloss er doch, auch da sie am Wege, zur Erholung, auch des berühmten Weines wegen, der dort wachset und gekeltert, der schönen Stadt Würzburg einen Besuch abzustatten.

Schon vor dem Bahnhofe, der fast am Fuße jenes Heiligen Weinberges, dem Steine, gelegen, drangen die süßen Düfte der gerade erblühten Magnolienbäume, derer einige daselbst die erste Frühjahrspracht Würzburgs bilden, ihm entgegen, indem die Sonne keck zwischen sich verziehenden Wolken durchlugte, seine Seele also obendrein erquickend.

Kecke Studentinnen der Lebens- und Erdkunde, der Unrechts- und Betrugswissenschaft, durchschwärmten den Ringpark alswie die Mainauen, ihre Ränzlein anmutig geschnüret und geschürzet; die Singvögelein erschollen im Balzgesange; blaue Zipfel harrten Konstantins schon im Sude; die Steinburg blickete gütig auf all dies Frankentreiben herab: nicht lange, da saß Konstantin denn auch, unter der beeindruckenden Mainfränkischen Festung, direkt am Flusse, mit Blick auf die herrliche Alte Mainbrücke, im Gasthause Brückenbäck, sich erste Atzung verschaffend.

Indem er nun dort saß, der zweite Silvaner seine Kehl’ gar freundlich hinabgeronnen, sagte er zu sich: “Potzblitz! Es zieht mich so bald doch gar nichts an jene verregnete Hamburg, wo jeder mittlere Marketender, so geht die Kunde, sich für einen Alwis hält!”

Nach dem dritten Glase machte er sich also auf; zuerst die Feste hinan, des herrlichen Blickes, ehrfürchtig der Inneren Leiste gewahrend, dann zum Käppele, zum Nachgusse auf den Schützenhof. “Eiderdaus! Jetzt hab’ ich schon dreißig Jahr’ auf dem Puckel, und sehe doch dieses Kleinod zum ersten Male!” – also sann er fast ehrfürchtig dorten, indem er andächtig Gerupften mit Bauernbrot zu einem vortrefflichen Weißburgunder führte.

So beschloss er, sich für diese Nacht keine Herberg’ zu suchen, stattdessen im Sacke mit einem Bocksbeutel auf der Festungswiese zum süßen Traume zu kommen. Der ganze Himmel hing so voller Geigen, dass er heute auch jedes Schabernacks, jedes Streiches zu entraten sich zum Vorsatze machte. (weiterlesen…)

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