Wie ich schon erwähnte, schaue ich mir ab und an auf YouTube zur Entspannung einen Film an, meist Thriller oder Sachen aus dem Action-Genre, und ich ließ mich auch schon darüber aus, in welch kaum vorstellbarem Maße in manchen US-Produktionen (ich schaue gerne die Originale, wenn ich sie bekomme) “fuck” und “fuckin’” als allgegenwärtige, im Grunde völlig sinnentleerte, noch nicht einmal, aufgrund ihrer Allgegenwart, einen Satz oder Satzteil abtönende sprachliche Partikeln dienen.
Jetzt sah ich zwei Reißer, die wesentlich im schwarzen US-Drogenmilieu spielten, und es war doch tatsächlich so, dass nicht nur in Anrede von gleich Abgefacktem zu gleich Abgefacktem und von Oberabgefacktem zu Unterabgefacktem, sondern auch in der Rede über einen dritten Abgefackten immerzu von “motherfucker” und “you motherfucker” und “that motherfucker” Gebrauch gemacht wurde.
Zunächst ist festzustellen, dass für diese Leute (das Milieu das da abgebildet wird) dies Lexem sowie “fuck” (bzw. fuckin’) sozusagen Strukturwörter bzw. Abtönungspartikeln geworden sein müssen (aber in einem äußerst ungewöhnlichen, bemerkenswerten Sinne, ich gehe unten noch näher darauf ein).
Was mich zunächst, als ich darüber nachdachte, frappierte, war, dass diese nicht nur mittels Fäusten und Messern und Knitteln und Schießzeugs kommunizierenden Wesen (es gab schon Dialoge mit sachbezogenem Inhalt) anscheinend nur noch über dieses eine einzige, durch seine Allgegenwart extrem abgeschwächte Schimpfwort verfügten (allenfalls mal, fällt mir gerade ein, noch “sucker”) bzw. es als angemessen und also notwendig wie hinreichend für jeden in jeder Lage halten mussten. (Zu verblödet, um noch wirksam schimpfen zu können…).
Also, dass ich mich nicht erinnern kann (vielleicht habe ich nicht so haargenau aufgepasst, als doch mal ein anderes fiel), auch nur mal ein “son of a bitch” oder “asshole” oder “cocksucker” oder eines der anderen früher in solchen Kreisen noch einschlägigen Schimpfwörter gehört zu haben (die aktivsprachliche Verarmung ist diesbezüglich jetzt praktisch nicht mehr zu steigern), die zweifellos wenigstens passiv im Sprachschatz selbst solch sinistrer Gestalten noch vorhanden sein müssen. (Von feineren englischen Schimpfwörtern wie “crackpot”, “looney”, “nitwit”, “jackass” oder “rascal” oder wenigstens “thug” mal ganz zu schweigen.)
Zudem war der einzige Fluch, dessen es wahrlich nicht mangelte, wenn mal wieder was schief- oder einer draufging, außer “fuck!”, “shit!”. Kein “gadammit!”, kein “dag!”, kein “damn!”, nichts.
Also: “fuck”, “fuckin’” “motherfucker”, “sucker” und “shit”.
Womit für den Ausdruck aller emotionalen Lebenslagen nur noch vier Wortkerne bleiben.
Halt, stimmt, Frauen wurden auch “bitch” genannt, hiemit meinetwegen fünf.
Das Lustige für mich als Sprachwissenschaftler daran ist, dass anscheinend keiner dieser Kommunikationsspezialisten je auf die Idee kam, wo es doch in seinem Umfeld stets darum geht, Eindruck zu machen, den Überlegenen zu geben, was für einen Vorteil, welchen Überraschungseffekt, welch offene Mäuler er zu erzielen vermöchte, befleißigte er sich mal an entsprechender Stelle, in gewichtiger Lage, eines um zwei oder drei oder gar vier Lexeme erweiterten aktiven Wortschatzes.
Stupefakt stünden plötzlich alle anderen Motherfucker vor dem also außergewöhnlich sprachmächtigen Motherfucker. (weiterlesen…)