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Magnus’ Kinderseite (II)

Dienstag, 09. Juli 2013

Hugindor singt und malt

Hugindor war ein rechter Wildfang. Er hüpfte und sang.

Das gefiel nicht allen.

Denn Hüpfen und Singen waren kein Schulfach. So tadelte ihn manchmal sogar sein Papa, er möge doch das tun, was die Lehrer von ihm wollten.

Endlich begann Hugindor, immer ernsthafter, zu malen. Er durfte das zwar nicht alleweil während des Unterrichts in seiner Schule, so wie seine verstorbene Mama das getan hatte, als es noch gute Schulen gab, aber immerhin bei Herrn Krummnagel, seinem Geschichtslehrer.

Herr Krummnagel war auch sowieso ein merkwürdiger Lehrer. Er sagte nämlich immer, dass man ihm kein Wort einfach so glauben solle, sondern immer selbst prüfen, nachlesen und denken.

Und man solle vor allem nicht einfach glauben, was in Büchern und im Weltnetz stehe.

Eines Tages malte Hugindor ein komisches Bild vom Krummnagel.

Der Lehrer hatte ein hellrotes Gesicht dabei, die Haare waren lila, das Hemd zitronengelb, und es ergoss sich eine Sprechblase aus seinem Munde: “Hier wird nicht geglaubt!”

Krummnagel entdeckte das Machwerk. Er stand stille. Er wusste nicht, was zu tun sei.

Nach der Stunde nahm er Hugindor beiseite und sagte zu ihm, freundlich: “Hugindor, solche Bilder darfst Du bei mir in der Stunde aber nicht malen!”

“Wieso denn nicht?”, meinte Hugindor verwundert. “Es will doch sowieso keiner meine Bilder sehen.”

Krummnagel seufzte. “Du bist zu direkt, Hugindor!”

“Aber Sie sagen doch, dass ich Ihnen nicht glauben soll!”, entgegnete Hugindor. “Und das habe ich nur hingemalt.”

“Ich sage es nur, Hugindor”, versetzte Krummnagel, “schreibe es aber nicht auch noch wohin.”

“Was soll denn so schlimm sein, wenn man etwas Gesagtes auch hinschreibt?”, frug Hugindor.

“Ab da ist es bewiesen, dass du es gesagt hast. Und außerdem hast du damit schon als Kind öffentlich gezweifelt. Es ist gut, wenn du zweifelst, aber es ist gefährlich, wenn du es hinschreibst. Es könnte einer lesen.”

“Kann ich dafür denn ins Gefängnis kommen?”, fragte Hugindor.

“Nein, natürlich noch nicht, aber wenn du groß bist, dann musst du wirklich aufpassen.”

Hugindor ging nach Hause, und sein Papa lobte ihn für das schöne Bild, sagte ihm aber auch, dass der Lehrer Krummnagel recht habe.

“Aber wieso Papa?”

“Das kann ich dir, wie der Herr Krummnagel auch, noch nicht im einzelnen erklären. Glaube mir, bitte, Hugindor, dass viele Erwachsene schon vor den Fragen von Kindern so viel Angst haben, dass es den Kindern, die sie stellen, unter Umständen nicht gut bekommt. Wir leben leider in einem Land, in dem es sogar verbotene Fragen gibt. Mehr sage ich dazu jetzt nicht.”

Hugindor war mit dieser Antwort seines Papas gar nicht zufrieden. Er war sogar stinksauer. Wieder gaben die Erwachsenen sich nur klug und allwissend. Das konnte er als Letztes ertragen.

 

Magnus’ Kinderseite

Sonntag, 07. Juli 2013

Gestern hörte ich zum wiederholten Male, ich möchte hier mal was für Kinder schreiben. Ich versprach, es wenigstens zu versuchen.

Allzuwenig gescheite und lustige Geschichten erzähle man Euch Kindern heutzutage, sagte mein Gegenüber. Also solle ich mich daranmachen.

Also folgt jetzt die erste Geschichte. Drückt mir mal die Daumen, dass ich sie einigermaßen hinbekomme, und weitere auch noch.

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Sabine findet aller Leute Sachen

Sabine war keine Sachensucherin wie Pippi Langstrumpf, die ja bekanntlich überall brauchbare Sachen suchte, sondern sie suchte immer ihre eigenen, wie sie verstreut waren.

Sie hatte nur die Mama, denn der Papa war mit einer anderen weg auf den Philippinen, und die Mama musste in einem Büro von sehr wichtigen Leuten viel arbeiten, und sie war selber ziemlich sachensucherisch, so dass sie Sabine dabei nicht viel helfen konnte.

Sabine hatte schon mit ihrem kleinen Lieblingsdino gesprochen, dass der ihr beim Sachensuchen helfen möge; sie hatte auch schon versucht, immer brav aufzuräumen.

Doch immer, wenn sie versucht hatte, brav aufzuräumen, wozu sie die Mama auch immer wieder anhielt, fand sie erst recht noch weniger von ihren Sachen.

Manchmal war Sabine ganz traurig, weil sie ihre Sachen nicht, so wie andere Mädchen, so aufzuräumen wusste, dass sie sie dann wiederfand.

Irgendwann merkte Sabine aber, dass sie, wenn diese irgend verloren schienen, Sachen viel besser fand, als andere.

Wo immer in der Schule oder im Tennisverein von der Mama etwas fehlte, da fand sie es unter einem Hemd, einer Schlägerhülle, oder hinten unterm Spind.

Sabine hatte zwar immer noch Ärger mit der Klassenlehrerin, weil ihre Hefte nicht ordentlich waren, und sie auch ein bisschen frech, jedenfalls manchmal, aber bald wusste jeder reihum, dass sie eine ausgesuchte Sachenfinderin war.

Spätestens, als sie des Rektors heiliges Notizbüchlein in der Papiertonne der Schule gefunden, wurde klar, dass sie ihre Gabe nicht nur geschenkt bekommen, sondern entwickelt hatte.

Inzwischen ist Sabine neunzehn, und sie lehrt andere das Finden von Verlorenem: ja selbst das Finden von Sachen, die nie verloren wurden.

Sogar für die Mama hat sie einen neuen Mann gefunden, den Rolf, einen ganz lieben, der sich erstmal gar nicht getraut hatte, die Mama überhaupt anzusprechen. Leider erst jetzt, wo sie doch gar nicht mehr so arg einen neuen Papa braucht.

Aber die Mama, die freut sich sehr.