Gestern Nacht erhielt ich guten Rats.
Dieser war ehrlich und, eben auch noch, gut gemeint.
Kurzum: Ich solle mich mehr als Künstler gerieren, zumal äußerlich, im Auftreten, bezüglich dessen, was heute “Outfit” genannt.
Es ging also um eine bessere Vermarktung meiner selbst.
Allzuvorschnell zog ich das ein wenig ins Lächerliche.
Ob ich denn als halbtotalrasierter Affe die Königstraße hinunt stolzieren solle, um auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten besser wahrgenommen zu werden? – Ungefähr so antwortete ich.
Ob ich mich denn noch mehr zum Kasper machen solle, grade so, wie als ob ich der nicht schon wäre und ohnehin schon so aussähe?
Das ward mir dann vom Ratserteiler etwas übelgenommen. Wenigstens inalsoweit, dass er mir den Gedanken ab da selber überließ.
Dass der mich nicht losließ, erweist sich daran zweifelsfrei, dass ich jetzt darüber schreibe.
Die Rübe im After, nackert, auf allen Vieren, in der Wiener U-Bahn, zum Ausweise des echten und damit beachtenswerten Künstlerdaseins, die ist durch.
Seit kurzem trage ich aber sogar schon manchmal einen Hut. Allerdings einen sehr erlesenen, denn sonst hätte ich mir das nicht angetan.
Dazu eine Schweizer Uhr: Und rasiert bin ich manchmal überdies.
Dazu rosa und lindgrüne Schleifchen hintrum am Fracke, so konnt’ ich nicht umhin zu lästern, gleich raus auf die Christophorusmeile, ja, so näherte ich mich botmäßig dem anerkannten Kulturbetriebe.
Mag sein, man ließe mich so gar ehrfurchtsvoll in eine der einschlägigen Bars, dorten einschlägige Bekanntschaften zu machen.
Oder es sähe mich sogar eine Europide mit mehr Interesse an. Auffallen sei alles.
Um auffällig zu sein, muss ich indes nicht einmal abfällig sein. Schon lange.
Es muss sich also um eine viel kalkuliertere Art der Auffälligkeit handeln, die da angeraten, oder wenigstens anders kalkulierte, denn welche ich durchaus schon an mir wie zusätzlich versucht.
Eine Straußenfeder am Hut? Drei dummdreiste Sprüche, als Aphorismen verkleidet, die ich bei jeder Gelegenheit wiederhole? Die Hose unterm Arsch tragen? Drei Stirnpiercings?
Genau: Das in der Mitte steht für den Allgeist, also mich, und das rechts für alle Männer und Ungläubigen, das links für alle Weiber und Gläubigen.
Selbst an meinem Blicke, ward mir gesagt, bevor der Quell sich verschloss, sei zu arbeiten.
Arg stechend sei der häufig, allzuwenig Milde und Allmitmenschentum werde durch ihn allzuoft verströmet. Selbst der echte Dackelblick als nicht selten klüger, anzuraten, kam ins Gespräch.
Lauter gute Argumente. Echte Fürsorge. Mitmenschlichkeit vom Selbstlosesten.
Da kann ich nicht dran vorbei.
Allein aus Dankbarkeit dafür werde ich mich des Künstlertums halber noch etwas anders als bisher zum Mitleidenskekse machen, den man gerne isst, dazu vielleicht Brosamen fallen lässt, die eben mal, wenn der Keks besonders gut schmeckt, aus dem Schlunde purzeln.
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Nachtrag
Nein, ich werde nicht mit einem Anstecker herum laufen, auf dem prangt: “Only Vegans Are Humans!” Auch nicht mit so einem: “NSA – We Care For Your Data!”.
Englisch gebe ich mir eh nicht. Auffallen tut nämlich inzwischen nur noch Deutsch.
“Haben Sie sich schon angezeigt?” “Mag Ihr Schmerzphon Schinken?” “Welches Friedhoferl hätten’s denn gern?”
Neinnein. Das ist alles nicht mein Ding.
Es wird mir, endlich wie ein Künstler auszusehen, schon noch etwas einfallen.
Wo nicht, da muss ich mir dann halt eingestehen, dass ich schlicht keiner bin.
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Tags: Kunstgekasper