Vom Jammern und der Nichterlösung des Teufels

So: Jetzt jammere ich auch mal.

Wenn ich mir meine letzten drei Artikel anschaue, bloß die, dann muss ich mich doch fragen, welcher Teufel von meiner Seele so umfassend Besitz nahm, dass er mich seit nunmehr über einem Vierteljahrhundert in die Sprachwissenschaft trieb und seitdem nicht mehr daraus losließ.

So eine Drecksau. Ich hätte ein anständiges bürgerliches Leben aufbauen können, hätte dieser Erzschuft, der das offenkundig unter keinen Umständen zulassen wollte, mich nicht derart ins gesellschaftliche Abseits geführt.

Systematisch machte er mich zum Denkkranken, zum Misfit. Dosis um Dosis machte er mich zum verworfenen Subjekt, er lehrte mich Etymologie und Semantik, und immer wieder Semantik.

Das werde ich ihm nie vergessen.

Der Meister der Verführung, das weiß ich heute genau, wusste, dass ich schließlich wie von selbst in Begriffshöllen hinabrutschen werde, an denen gemessen noch ein achtundzwanzigstes Inferno eines Dante alswie ein Frühlingssonnenbad wirken würde.

Er setzte nicht wenig daran. Er bot Koryphäen auf, die mir einen Tritt nach dem anderen gaben. Sie waren zwar nicht unbedingt in jeder Hinsicht begabter als ich, aber allemal belesener.

Und ich ging voll in die Falle: Meiner geringeren Belesenheit versuchte ich im Konteste damit abzuhelfen, dass ich versuchte, wenigstens genauer zu lesen und gar noch genauer zu reden. Das brach mir vollends das Genack. Oder, vielmehr, ich, also, mir.

Wörter in einen sinnfälligen Bezug zu setzen: Das ist in der Tat die schwerste Sünde.

Es ist die Unaussprechliche Sünde.

Von ihr darf man sich weder ein Bild machen, noch dass sie eben überhaupt einen Namen haben dürfe.

Ja, so weit hinab hat mich jener Teufel geführt. Und ich, deshalb gibt es keine Verzeihung, keine Erlösung, nicht die geringste Hoffnung auf auch nur Teilgnade, ging immerzu willig mit.

Kein Wort war mehr vor mir sicher. Ich stellte jedem dieser unschuldigen Rehlein nach. Gnadenlos. Auch wenn manches noch entkam: Ich erlegte derer nicht wenige.

Und er? In meinem Rausche führte er mir ständig neue zu, Hinweise, wann und wie ich sie leicht erlegen könne, hineinstrudelnd in die Unterwelten der Bedeutung und deren zerebralem wie abdominalem Geflechte.

Ich werde ihm aber seine letzte Genugtuung versagen.

Ich weiß nämlich genau, was er will.

Ich soll seiner fluchen.

Nein, mein lieber Teufel, da hast Du Dich verrechnet.

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3 Antworten zu “Vom Jammern und der Nichterlösung des Teufels”

  1. Dude sagt:

    Der Teufel hat damit nichts zu tun, sondern ganz im Gegenteil, Dein unbändiger Wille zur Nonkonformität und Bewahrung des kritischen Selbst!

    Ein Segen, kein Fluch!

    Gott zum Grusse ;-)

  2. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Dude

    Meistens ist das Wort “Gott” nur eines, das sich der Teufel unter den Nagel gerissen hat. Ausnahmen gibt es vereinzelt.

    Fast alle Götter leben ja nur vom Teufel. Er ist ihr Brotherr. Deshalb halten sie auch allermeist die Klappe. Lügen allenfalls mit.

    Deshalb lasse ich bei mir auch nicht so leicht einen Gott über die Schwelle.

  3. Dude sagt:

    @Magnus

    Ich weiss – mein Zwinkersmiley war nicht zufällig platziert. Du weisst ja, Zufälle gibt’s eh nicht. :-)

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