Obschon das Strategem Nr. 53 an das Strategem Nr. 17 (“Einen Backstein hinwerfen, um einen Jadestein zu erlangen”) erinnert, ein Stück Überschneidung unabweisbar, unterscheidet es sich davon doch dadurch, dass der Strategemanwender dauerhaft Macht über die Psyche des anderen gewinnen will, möglichst umfässliche Kontrolle über dessen Denken erlangen, ihn langfristig lenken, wohl auch zum Komplizen und damit erpressbar machen. Verknüpft wird es natürlich nicht selten auch mit dem Strategem Nr. 50, jenem des Übermächtigen bzw. dem Gott-Strategeme. Es ist Kernstrategem aller verschwörerischen Geheimbünde, die dem Adepten schrittweise Initation versprechen.
Durch Befolgung bestimmter Regeln, Exerzitien, Rituale, Inkantationen usw., Verschwiegenheit und Gehorsam, werde der Adept immer weiter vervollkommnet und entwickelt, er werde immer mehr zu seinem wahren Selbste finden, zur Selbstkontrolle und Macht über sich selbst, und darausher auch über andere (was manchmal mehr in den Vordergrund gerückt wird, manchmal weniger). Stück um Stück bindet der Adept sich mehr an die Ideologie des Geheimbundes, und je mehr er darein investiert hat, um desto weniger wird er noch eine kritische Haltung demgegenüber entwickeln können, denn er wird bestimmender Teil seiner geistigen Sozialisation. Das Versprechen sich befreiender Selbstfindung mündet in die subtil gesteuerte, immer weitergehende Selbstversklavung im Sinne der Kabale; dabei wird das Ego des Adepten mächtig gefüttert, er wird, je nach Eignung, in Posten gehoben, die er alleine nicht erreicht hätte, erhält auch materiell Brosamen vom großen Kuchen.
Zur Seelenschwellung wird an Pomp oft nicht gespart. Schicke Schürzen, Opferaltäre, bedeutende Ränge und Titel (bei den Freimaurern des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus, heißt es, mindestens 33 Hierarchiestufen) bestätigen dem gefangenen Kleingeist die Wichtigkeit und Erhabenheit der Sache, damit seine eigene Wichtigkeit und Erhabenheit, schon als Lehrling oder Geselle.
Das Strategem bewährt sich seit Jahrtausenden in einem Maße, dass man darob verwundert sein könnte. Dabei macht es sich Minderwertigkeitskomplexe, Geltungssucht, das Überlegenheitsgefühl, zu einer Gruppe von Eingeweihten zu gehören, jede Art Machtphantasie, nicht zuletzt die Gier zunutze. Dies in einer so perfiden wie über diese Jahrtausende hinweg ausgefeilteren Technik, dass die immer noch sehr beachtliche Erfolgsquote des Strategems eben doch nicht allzu überraschend.
Die Notwendigkeit, der Sinn eines Eintritts in einen derartigen Geheimbund wird aber darüber hinaus oft damit begründet, dass es böse Mächte gebe, oft selbst verschwörerisch organisiert, gegen die gar keine andere Wehr hülfe, den Heiligen Gral zu retten, denn selbst im Verborgenen zu arbeiten. Bekanntlich sagen die echten Strippenziehern das dann beiden oder soundsovielen Seiten, kontrollieren diese oft nur zum Scheine gegeneinander arbeitenden Fraktionen nach Belieben.
Das Fußvolk darf dabei so gut wie nichts von den wirklichen Zielen der Großmeister wissen. Das ist entscheidend für die Schlagkraft der Verschwörung und damit den Erfolg des Strategems.
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Tags: 36 Strategeme
Mann, Du bist ja heute in Fahrt! Hammer!
Dürfte ich den in einigen Wochen/Monaten bei mir drüben nochmal zuoberst sichtbar als Volltext erscheinen lassen?
Ps. Ne Zusammenfassung der Strategeme wäre übrigens noch genial (am besten mit fixem Link in der Seitenleiste :-) ). Denn da hast Du – alles in allem – grandiose Arbeit geleistet.
@ Dude
Ich habe da beizeiten in der Tat noch einiges nachzuarbeiten. Ich werde es wohl so machen, dass ich eine Übersicht erstelle (auch für “Dem Nachwuchse”, “Südschwitz” usw.), jeden Einzelartikel darauf verlinke, so dass sie jederzeit ansteuerbar ist.
Den obigen Volltext kannst Du gerne zu den üblichen Bedingungen bei Dir hereinnehmen, wann Du möchtest. Dabei bäte ich desfalls darum, dass der Text selbst linkfrei bleibt, geeignete Links, sollten Dir welche einfallen, in einen Abspann gesetzt werden. Wenn Dir eine nette Vorrede einfällt, zur Einführung des Themas, auf jeden Fall mit Verweis auf Deinen Landsmann von Senger, wäre das prima. Ich könnte bei der Gelegenheit auch selbst eine kleine Einführung schreiben, zur Erstveröffentlichung bei Dir. Oder wir machen zusammen was. Abstimmen sollten wir uns dazu ohnehin.
“Denn da hast Du – alles in allem – grandiose Arbeit geleistet.”
Danke. Ja: “alles in allem”. Dass ich nicht jede Strategemkurzabhandlung gleich treffend, konsequent, flüssig, umfässlich, vergnüglich, gut lesbar vorgelegt habe, ist mir durchaus bewusst, weshalb ich dies in der Etappe im Folgeartikel “Überlegungen zu den neuen Strategemen” ja auch mehr oder minder deutlich bereits eingestand.
Ich habe die Sache eben nicht von Beginn an systematisch angelegt, die Texte also, wie sie mir einfielen, nicht durchgängig entlang klarer Kategorien aufgebaut.
Es mag darum mittelfristig durchaus sein, dass überarbeitete, zumal um Beispiele erweiterte Fassungen herauskommen, wenn ich einmal Zeit dafür habe. Wobei ich wohl in keinem Falle die Urfassung unterschlüge, allein schon der Transparenz halber, auch, weil so die Grundidee wie sie erstangesetzt sichtbar bleibt.
Daran werde ich mich aber wohl kaum machen, bevor ich das deutliche Gefühl habe, dass mir erstmal keine weiteren Strategeme einfallen, denn solange das der Fall sein kann, will ich bei der spontanen, essayistischen Behandlung der Gegenstände bleiben, jetzt nichts umverkünsteln.
Ich habe hier den von Senger auf dem Schreibtisch liegen, na, schauen wir mal, etwa 1250 Seiten für 36 Strategeme, also gut 36 pro Nase, oh je…
Schaunmermal. Eine Veranschaulichung anhand ausführlicherer Beispielgeschichten wie bei von Sänger wäre natürlich klasse. Vielleicht starte ich dazu auch mal einen Hilferuf.
LG
@Magnus
Danke. Rohentwurf steht. Du bekommst noch Epost. Schaffe es aber nicht mehr heute, und werde die nächsten Tage weg vom Netz sein.
LG
[...] Quelle: https://unzensiert.zeitgeist-online.de/2013/09/02/vom-initiationsstrategeme-geheimbundstrategem-nr-53 [...]