Kriegen wir keine kleine Kolonie? Deutsch-Südschwitz?

Nachdem wir nun, nach Afghanistan, in Mali einen also klaren Kolonialkrieg unterstützen, frage ich, ob uns nicht auch wieder wenigstens eine kleine Kolonie in Afrika zustehen sollte. Immerhin mal 30 000 Quadratkilometer, überwiegend Dornbuschsavanne, gerne ohne Uranmine.

Da könnte der Deutsche doch wieder stolz auf seinen vom Bundespräsidenten eingeforderten europäischen Patriotismus sein, wenn er da ein eigenes Sozialentwicklungsgebiet hat.

Sobald alle Einheimischen und jene, die sich als solche ausgaben, in Deutschland mit Hartz 4 und diversen zusätzlchen Eingliederungshilfen versorgt, wird das Gebiet repopuliert.

Man hat jetzt an einem Orte, wo die Heizung nie etwas kostet, ein Gebiet, das sich für Ferienlager für mindervergesellschaftete Jugendliche prächtig eignet; die Hitze macht schon so müde, dass es dafür erst recht kein Bier mehr braucht.

Da das Gebiet – es muss sauber zugehen, demokratisch – frei bereisbar ist, ansonsten so menschenleer, kommen natürlich allerlei Abenteurer, Verrückte und Geschäftemacher der windigsten Sorte.

Zunächst nennt der Volksmund das Gebiet scherzhaft “Deutsch-Südsahara”; schließlich aber bürgert sich, offenkundig angelehnt an “Deutsch-Südwest”, “Deutsch-Südschwitz” ein.

In Deutsch-Südschwitz wird das Konterbanditentum natürlich bald zum großen Problem. Denn die Bierschmuggler machen ein Riesengeschäft.

Denn man wollte ja, dass “das deutsche Sonderentwicklungsgebiet in Nordafrika”, wie man es offiziell benamt, kein Dropout- und Trinkerparadies werde und hat von daher den Ortsbierpreis für die kleine Büchse oder Flasche auf nicht unter fünf Euro gesetzt.

Klar, dass die durstigen deutschen Halbexpats das nicht hinnehmen und schauen, wo es den Gerstensaft (manche stehen auch schon auf Hirsebier, des Preises wegen, aber es sind wenige) günstiger zu haben gibt.

Es soll auch schon eine Hausbrauerei geben, und der Betreiber beruft sich stur auf bundesrepublikanische Gesetze. (Man munkelt selbstverständlich, dass die Nomenklatura froh sei, wenn sie sein frisches Bier kostenlos bekommt.)

Inzwischen leben geschätzte 80 000 Menschen in Deutsch-Südschwitz. Und, man wusste es nicht zu vermeiden, im Hauptorte, des Namens Freiberg (er liegt in der Tat auf einer Anhöhe), gibt es inzwischen auch ein Hartzamt. Manche heuern einfach ein paar Wochen bei ihrem Kumpel an, oder einem, dem das grade recht ist, wenn ihm einer einen Gefallen schuldig, gehen dann zum Hartzamt und erklären: “Keine Kohle!”

Ab da muss das Hartzamt einen überhartzigen Job besorgen, oder einen Heimflug bezahlen, auf einen Arbeitsplatz, mit Wohnung, oder zahlen, oder wenigstens dulden und nicht näher nach dem Auskommen in der Bierschmuggelei fragen.

Der Coolste ist auf jeden Fall der Rentner-Olli. Der Rentner-Olli macht in Rentnern, Unterhaltung und Bier. Das ist das beste Geschäft in Deutsch-Südschwitz.

Er sagt, und das kann ich aus eigener Anschauung heraus bestätigen, dass praktisch kein Rentner, der freiwillig, egal, wer es bezahlt, ob Kasse oder Katz, zu ihm nach Deutsch-Südschwitz komme, nicht wenigstens für sein Alter sehr trinkfest und ob des Klimas immer auch sehr durstig sei.

“Ich sage dir, denen schmeckt hier das Bier, das glaubst du nicht. Und, guck’s dir an, es hat sich die Gaudi herumgesprochen, die rüstigen Weißweinweiber brechen immer zahlreicher in die Bude!”

Klar, dass Olli die zuverlässigsten und günstigsten Bezugsquellen hat und deshalb in seinem echt geilen Laden in Freiberg auch mit Musik und Gesang nicht teurer anbieten muss als irgendeiner in Deutsch-Südschwitz.

Olli hat seinen Laden klug aufgezogen. Er hat seine “Farm”, ein paar Kilometer von Freiberg, und er hat in Freiberg sein Lokal, wo es die härtesten von den Alten krachen lassen. Das hat, so, wie er es aufgezogen hat, immer mehr von den jüngeren stemmwichtigen Gestalten, derer es in Deutsch-Südschwitz nun wahrlich nicht mangelt, zu nicht selten grölender Verbrüderung mit den Alten gebracht, denn es ward bald offenbar, dass man nicht nur beidseits des Bieres gerne zuspräche, sondern auch, dass die Jungen von der Sorte Alter, die sich hier vergnügte, noch manches lernen konnten.

Schließlich kamen die jungen Frauen der Oberschicht von Freiberg in Ollis Laden. Ihm jetzt seinen Laden zu schließen, das wäre ein ausgemachter bundesrepublikanischer Subsstaatsskandal.

Es gibt in Deutsch-Südschwitz aber auch die sogenannten Hintlinge. Keiner weiß, wer sie zuerst so nannte.

Das sind einige hundert – manche sagen 2000 – in den Busch abgeseilte Deutschstämmige, die kaum mal einer sieht.

Es kommt aber durchaus vor, dass plötzlich ein Hinterling in Freiberg aufkreuzt, bzw., man sieht es, aufkreuzen lässt, einen oder zwei LKW Materials aller Art zu fassen. Die Hinterlinge sind also nicht alle nur Läufer im kargen Walde.

Klar, dass sich dort, wo die Welt weit weg, inzwischen ganze Legenden um manche Hinterlinge ranken.

Von einem Hinterling wird beim Biere erzählt, der brenne aus der Frucht eines Strauches einen Schnaps, der so kräftigend sei, dass nur er mehr als zwei Gläschen davon trinken könne, ohne dass er davon zerplatze.

Das sind selbstverständlich die reinen Späße. Obschon, manche Schnäpse…

Nein, man munkelt auch von Hintlingen, die geheime Labors unterhielten, unterirdisch. Da gehe es offensichtlich nicht um Bier und Schnaps oder sonstige Drogen, sondern, womöglich, um etwas ganz anderes, der Obrigkeit schwer ein Dorn im Auge.

Einer sagte zu mir: “Weißt Du, Magnus, bei dem Tanz, den die darum machen, machen die den nicht nur zum Spaß!”

In Freiberg brodelt die Gerüchteküche. Bisher hat das kleine Bundeswehrkontingent nicht in die zivile Verwaltung eingegriffen, das Hartzamt ist unbesatzt, Taschendiebe kommen nicht weit, das soziale Gefüge ist ganz in Ordnung.

Unterm Strich sieht Deutsch-Südschwitz wie ein zwanzig Grad heißeres, hessengroßes Erholungs- und Narrengebiet aus.

“In mancher Hinsicht lebt es sich jetzt schon in Deutsch-Südschwitz besser als in Deutsch-Norddoof.” (Sagte mir ein überzeugter Deutsch-Südschwitzer. Er nennt sich einen “deutsch-südschwitzer Patrioten”.)

Jaja, da hat Berlin mal wieder etwas angerichtet.

Im wirklichen Süden heißt es jetzt: “Deutsch-Norddoof”.

 

 

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