Umspendiert. Bier unabsichtlich erschwatzt.

Gestern bezeichnete mich einer, von dem ich das zumindest so krass nie erwartet hätte, als Lügner, Idiot, Stümper, Träumer, Schwätzer, meinte überdies, dass ich nichts schaffte. (Ich hatte wahrheitsgemäß eingestanden, dass ich von meiner literarischen Arbeit die Familie derzeit noch nicht durchbringen könne.)

Ich war nicht nur überrascht, erstmal etwas platt, weil ich mit dem Manne zuvor nicht das erste gute Gespräch geführt hatte, ihn als kunstsinnig kenne, frug mich die ganze Zeit, weshalb er mir, bei allem, was an mir ohne weiteres zu kritisieren, das jetzt so hart gebe. Er rechnete mich glatt zum untersten Möchtegernbodensatze unserer Gesellschaft. Er kinderlos, ließ noch nicht einmal gelten, dass ich seit nun gut sieben Jahren meine beiden Krampen alleine großziehe, also wohl doch auch in dieser Zeit wenigstens ein bisschen was getan hätte, außer mir nach Philologenart in der Nase oder im After zu bohren.

Ein Stück weit gelang es mir, das Blatt zu wenden. (Ich hätte mich natürlich auch einfach wegdrehen können, aber ich wollte einerseits standhaft bleiben, andererseits ergründen, wieso der, indem kein Streit vorangegangen, auch keine Kritik meinerseits an ihm und seiner Arbeit, mir auf einmal in dieser Weise die Kante gibt, dazuhin mal schauen, ob ich seine Erhabenheit nicht doch noch wenigstens ein Stück weit verunsichern könne.)

Erst als ich ihm eine wahre Geschichte erzählte, die ich hier aus Diskretionsgründen nur andeutungsweise weitergeben  kann, von einem, der seit über dreißig Jahren der Kunst gibt, was er nur kann, meist wenig oder kein Geld daran verdient, aber einfach nicht aufgibt, fröhlich immer noch lebt…: WAS er denn für ein Kunstverständnis habe, wenn er es nur am Gelde festmache? – , wurde er etwas unsicherer. (Er zahlte mir dann plötzlich ungefragt meine zwei Bier, nachdem ich ihn ursprünglich auf eines einzuladen angekündigt hatte.)

Ja, auf dem Heimwege ward ich etwas schwäbisch-hämisch. Sagte mir, dass ich es mit meiner schäbigen, unbrothaften Kunst jetzt immerhin auf indirekte fast sieben Euro gebracht hätte, hinzugerechnet, dass ich ihm ja ein Bier ausgeben hatte wollen, gar auf gut zehne.

Ich werde ihn weiterhin freundlich grüßen, wenn ich ihn sehe, aber nicht mehr ansprechen.

Oder grade erst recht.

Eher, natürlich, darf er mich wieder ansprechen, wenn er das möchte.

Ich werde ihm nichts nachtragen, aber im Zweifel sehr schnell eine gesunde fröhliche Härte zeigen, bestens aufgelegt meine Witze geigen. Kommt mir einer so, fallen mir derer schon beim ersten Bier mehrererste jederzeit leichthin ein. Oft die besten.

Man soll sich nicht ins Bockshorn jagen lassen.

Schon gar nicht, wenn man weiß, dass Kunst von Können kommt.

 

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Eine Antwort zu “Umspendiert. Bier unabsichtlich erschwatzt.”

  1. Thomas sagt:

    Der Eine hat etwas Glück, der Andere nicht. Beide machen das selbe Handwerk bei gleichem Können. Hat der, der kein Glück hatte, nun deshalb nix geschafft?

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