Vorhin meinte mein Großer zu mir, nachdem ich ihm berichtet, dass ich nicht nur, wie er, bis um Viere getagt, sondern bis um Achte, ich habe ja wohl einen mächtigen Kater.
Wat’n Unfuch. Ich erklärte ihm, dass ich zwar heute nicht der zugspitzerstürmenden Frischesten einer, es mir aber blendend gehe. Ein Kater zeichne sich durch allgemeines körperliches Unwohlsein aus, normalerweise gepaart mit Schädelbrummen, gar Reue: Ich wisse aber von keinerlei derartigen Unbilden zu berichten.
In der Tat hat sich wieder einmal gezeigt, dass eine große Vorspeisentafel mit anschließendem Käsfondue, sodann Underberg, Kaffee und einem Schokolädchen eine zwar nicht feuer-, aber sehr feierfest machende Grundlage für weiteren anschließenden Weingenuss, gar tragfähige Rede, bildet.
Wenn man dann noch auf Neujahr davon erfährt, dass einer, der nunmal keineswegs den Eindruck eines verkaterten Rausschwätzblödels macht, mit einem ernsthaft ein interessantes Projekt ansinnt, hängt der Neujahrshimmel zwar nicht gleich, wie als ob Dulcinea Nietzsche einen förmlichen Antrag gestellt hätte, kaum mehr von meiner Seite weichen zu dürfen, voller Geigen, doch lässt sich das schonmal sehr begrüßlich an.
Beinahe hätte ich das Fondue versemmelt. Schalotten und Pilze schmurgelten in der Küche in der Kasserolle vor sich hin, die Vorspeisen mundeten also, wie das Tischgespräch munter voranging, dass ich es gerade noch zu retten vermochte, also, dass sich später doch keiner beklagte. Eine kleine, aber genau vernommene Jahresendwarnung, dahingehend, noch im schönsten Schwelgen des Notwendigen und Richtigen nicht unzeitig zu vergessen.
Ich versemmle selten ein Essen. Und obschon ich mittlerweile zumindest in Punkto Gelassenheit ein halber Buddha bin, ärgere ich mich in jenen Fällen dann doch. Vor Gästen versinke ich dann, nicht mehr leicht tröstlich, im Boden. Ungespitzt.
Was für eine Freude, mit im besten Sinne gesitteten Erwachsenen und einigen nur mittelprächtig verzogenen Kindern an einer Festtafel sitzen zu dürfen!
Wenn es mit dem rein jahrszahlmäßigen Altwerden so weitergeht, rufe ich irgendwann noch ein Heil darauf aus. (Auch wenn man mir schon sagte, dass dies Wort inzwischen, selbst solo verwandt, allgemeinverdächtig sei.)
Es bricht derzeit mancher Lug. Viele Menschen heischen geradezu klarer, offener Rede. Man hat genug der Heuchelei, die jedes Wort darnach abtastet, ob sich irgendein Schwachmat in seiner Gruppen- oder Individualempfindlichkeit verletzt fühlen und von daher einen Zeter beginnen könne.
Ich sprach heute morgen auch noch mit Konstantin Eulenspiegel, dem jüngeren Bruder Tills, ihn fragend, ob er denn, nach seinem jüngsten kleinen Streich in Zürich, tatsächlich in Konstanz aufschlagen wolle, oder doch lieber in Freiburg oder gar Stuttgart. Er erwiderte mir lediglich, dass er gerade so wanderfröhlich, sein Ränzlein noch so wohlgefüllt, dass er sich jetzt noch gar keine Gedanken darüber mache, lediglich erst einmal das Weite vor den inzwischen sicherlich erweckten Züricher Stadtbütteln gesucht. Er wolle jetzt zunächst am schönsten Zipfel des Bodensees ein wenig ruhen und sinnen, bevor er kommende Fährnisse aufnehme.
Immerhin versicherte er mir, dass er mir wieder berichten werde, auf dass ich als sein Chronist der Welt davon mitteilen könne, sobald ihm ein Begebnis, das dessen wert sei, widerfahre.
Er tat noch zwei oder drei Andeutungen, wes er sich demnächst zu befassen gedenke; da es aber nur Andeutungen waren, Konstantin es aus guten Gründen auch nicht schätzt, wenn seine Vorhaben im vorhinein enthüllt, schweige ich nun aber dazu.
Mal sehen, was er tatsächlich als nächstes macht.
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