Korruption: Das hinterlistige Biest

Vorhin war sie wieder da: die Versuchung zur Korruption.

Es hatte sich schon lange aufgestaut, dass ich den Beuysschen Kunstbegriff einmal gründlich auseinandernähme.

Nun war es ausgerechnet Lisa, die mir den Ball zuspielte.

Nicht nur, dass sie hier schon öfter interessante Gedanken eingebracht; sie scheint auch noch eine Frau zu sein, und ich bin so altmodisch, vielleicht auch nur lebenserfahren, dass ich wider die Gedanken von Frauen gar nicht so gerne hart antrete.

Lieber wäre es mir in der Tat gewesen, mein Freund R., der auf ihrer Linie liegt, oder ein anderer, hätte mir hier Beuys auf den Tisch geworfen.

Es wäre aber feige, korrupt gewesen, den Ball nicht entsprechend aufzunehmen, nur, weil er mir von einer (vermutlichen) Frau, der ich neben Achtung einige Sympathie entgegenbringe, ins Feld gespielt ward.

Vielleicht, es wunderte mich nicht, redet sie nie mehr ein Wort mit mir.

Das ist sicher nicht, was ich will.

Doch: Hätte ich mich dieser Befürchtung unterwerfen sollen?

Bin ich nicht zuvörderst der Wahrheit, der Weisheit, so wie ich sie sehe, vepflichtet?

In diesem Zusammenhange ist das etwas anderes als sonst oft.

Ich habe Frauen schon oft geschont, wo sie mich den Letzten hießen oder entsprechend behandelten und mir durchaus noch was dazu eingefallen wäre, im Kopfe schon parat klingelte.

Das macht nichts, kann man für sich selbst wählen, wenn es nur eine persönliche Situation, vielleicht noch vor ein paar anderen, ist.

Hier aber geht das nicht, denn hier liest potentiell jeder.

Die Verantwortung ist eine andere.

Es ist an solchem Orte auch nicht statthaft, übers Maß einen Frauenbonus anzusetzen. Denn das wäre Betrug an allen anderen Ernstmeinenden. Eben korrupt.

Ich schreibe das hier aus zwei Gründen hin.

Zum einen wollte ich Lisa nicht verletzen, versuche ich eine Brücke zu bauen. Ich “verlöre” sie nicht gerne.

Zum anderen richte ich mich an alle Schaffenden, zumal jene, die mit dem Wort schaffen.

Wäre ich Tonsetzer oder Maler, so könnte ich meine Gedanken werkhaft sicherlich besser verbergen, ohne deshalb der Korruption anheimzufallen.

Als Schriftsteller sollte man damit gar nicht anfangen; während es durchaus statthaft ist, manches in Texttiefenschichten anzulegen, zumal das, was nicht gesagt werden darf, nicht jedem zugänglich, wider einen zum groben Torte nachweisbar, gibt es bei Grundsatzfragen dieser Art, wofern man ob Widerspruchs nicht Haus und Hof und Hals zu verlieren droht, keine Wahl.

Allenfalls jene, zum Schlunz zu werden. Das geht leicht. Ein problemlos zu haltender öffentlicher Standard.

Das Schlunzentum kriecht einen schnell an. Es ist die Gefahr der Gefahren.

Erst will man einem, einer gefallen, ihm, ihr nicht wehtun, dann mehreren, schließlich allen. Und am Ende ist man dann bei Beuys, erschlunzt.

Das heißt selbstverständlich auch nicht, dass man gleich in aller Härte mit jedem anbinden müsse; Entscheidendes aber darf man niemals der Tücke des Halbirgendwiedochoderauchnicht überlassen.

Das ist nicht immer schön: Wer es aber nicht aushält, der soll Bergführer am Hohentwiel werden oder Straßenbahnschaffner in Heilbronn. (Ich weiß nicht einmal, ob es in Heilbronn Trambahnen gibt, aber das ist auch unerheblich.)

Ich habe dies ohnehin mal wieder für fast niemanden außer mich selbst verfasst.

Versteht es nur einer, außer mir, hat sich die Mühe allemal gelohnt.

Wo nicht, habe ich eben, neben dem Kochen einer nichtvegetarischen Bolognesesoße, eine halbe oder gar dreiviertel Stunde lang geübt.

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