Die Naivität der Leute (lassen wir die Journalisten der Systemmedien mal außen vor) bezüglich der “Arabischer Frühling” genannten durchgeführten und noch in der Mache seienden Umstürze in einigen arabischen Ländern ist atemberaubend.
Nicht wenige Kommentatoren schwadronieren davon, nun müssten es die westlichen Regierungen in ihrer Ignoranz eben einsehen, dass sie schwere Fehler gemacht, indem sie die dortigen Islamisten unterschätzt hätten. Hallo?
Ebenjene wurden und werden doch als Speerspitze eingesetzt und massiv unterstützt, mit Geld, Logistik, Waffen, Ausbildung, Rückzugsräumen, ja gar direkt militärisch! Man wusste genau, wen man so, wie man vorging, letztlich an die Macht bringen würde.
In Ägypten war sonnenklar, dass die Moslembrüder die mit Abstand stärkste und am besten organisierte Bewegung darstellen, die den einfachen armen Ägypter am leichtesten massenhaft hinter sich scharen werde.
Jetzt ist es so weit, und man jammert herum, wie als ob das alles sehr traurig wäre und dass die Entwicklung besorgniserregend sei und man appelliert an Besonnenheit und gemäßigte Kräfte und was dergleichen Sonntagsreden mehr.
Was macht man jetzt?
Militär- und Entwicklungshilfe verringern oder weiterzahlen oder gar noch mehr zahlen, damit der Laden nicht in die Luft fliegt?
Aus Sicht der europäischen Völker ist diese Politik ohnehin ein Hasardspiel, da man sich leicht ausrechnen kann, wo entsprechende Flüchtlingsströme, von “Liberalen” und Christen auch in Zukunft hingehen werden.
Dass man darauf in Washington keine Rücksicht nimmt, nun gut, aber was ist mit Israel?
Ägypten war unter Mubarak stets sehr verlässlich und kooperativ, wofür es bei den Amerikanern und Europäern kräftig die Hand aufhielt. Radikale Islamisten wurden unterdrückt, es herrschte, bis auf ein paar Anschläge in Ägypten selbst, Ruhe im Karton.
Mit Assad, der jetzt auf der Abschussliste des Westens (sowie Saudi-Arabiens und Qatars) steht, hatten (haben) die Israelis zwar keinen nördlichen Nachbarn zum Verlieben, aber doch einen von Vernunft gesegneten, zudem auch von Russland im Zaume gehaltenen, der es von sich aus kaum je auf eine offene Auseinandersetzung mit den weit überlegenen Kräften der IDF ankommen lassen würde.
Es gibt aus meiner Sicht keine Erklärung, weshalb Israel die Entwicklungen in Ägypten und Syrien mit auch nur Gleichgültigkeit, geschweige denn Wohlwollen oder gar Begeisterung betrachten sollte.
Der Iran (inzwischen wohl teils auch der Irak) unterstützt Assad und die libanesische Hisbollah, die Saudis und Qataris und Erdogan (der eher unterschwellig) unterstützen die Hamas sowie die “Opposition” (hier Erdogan an erster Front), die Kurden unterstützen so gut wie möglich sich selbst, das Ganze ist zu einem unkalkulierbaren Pulverfass gemacht worden.
Hier kann Israel – und tut es sicherlich auch nach Kräften – mit dem Mossad usw. auch ein bisschen mitmischen, vielleicht mal einen gezielten Militärschlag führen, die Situation kontrollieren aber kann es nicht mehr. (Wunderte mich nicht, wenn Israel Assad im Kampf gegen “die Rebellen” diskret unterstützte. Es scheint ein übles Islamistensöldnergesindel zu sein, was man da über die Türkei eingeschleust hat; man dürfte wissen, was das für Leute sind.)
Dass es für die radikalsunnitischen Ölmonarchien insgesamt um die Verbreitung ihrer Lesart des Islams, des Islams überhaupt, aber eben auch mit starker antischiitischer Zielrichtung, ebenjetzt in Syrien, geht, pfeifen die Spatzen von den Dächern.
Nun erklärt Israel allerdings stets, der schiitische Iran sei sein Hauptfeind.
Und da Syrien ein Verbündeter des Iran, ein alter Feind sowieso, möchte sich der Kreis doch schließen, das Land den Sunniten zu überlassen, selbst wenn das etwas unkalkulierbare Gesellen wären.
Dummerweise wären das dann die Freunde von Hamas und Palästinensern.
Wie man es dreht und wendet: Wäre ich Israeli, so wünschte ich mir, der ganze Mist in Syrien hätte gar nicht erst angefangen; lieber ein bekannter Feind, als ein unbekannter Feind. Und zumal den Türken unter Erdogan traute ich keinen Millimeter mehr über den Weg.
Ich früge mich derweil aber schon, wieso die NATO-Freunde in Washington, London, Paris und Berlin das Ganze in Ägypten wesentlich orchestrierten und den syrischen militärischen Aufstand koordinieren und derart massiv unterstützen.
Wäre mir natürlich schon klar, dass die den Ring gegen Iran, Russland und China enger ziehen wollen, den russischen Mittelmeerstützpunkt weghaben, was ja nicht schadete, aber müssen die hier wirklich an sensibelster Stelle so ein Chaos anrichten?
Es gibt zwar mytheske Phantasien, dass Großisrael einst vom Nile bis zum Euphrates reichen solle, aber wohl kaum dahingehende Überlegungen, dass die israelischen Streitkräfte entsprechende Besatzungsanstrengungen allzubald in Angriff nehmen sollten.
Die Lage ist so verworren, es gibt so viele bedeutende offene wie verdeckte “Mitspieler”, dass einem schwindlig werden kann.
Wie gesagt: Als Israeli gefiele mir das wahrscheinlich nicht.
Und als Deutschem gefällt es mir ganz sicher nicht.
— Anzeigen —
Tags: Ägypten, Arabischer Frühling, Israel, Syrien