Angesichts dieser TV-Kritik auf faz.net ist mir wieder einmal aufgefallen, mit welchem Vergnügen ich – keinen Fernseher besitzend und keine der Sendungen je selbst gesehen habend – häufig derlei Artikel von guten Feuilletonisten, besonders, wenn sie sich Schwatzschauen vornehmen, lese, mir drei bis fünf Minuten gute Unterhaltung bezüglich der Lage und des letzten Stuss’ der Nation reinziehe, anstatt mich eine Stunde oder gar mehr mit einer schwachsinnigen Sendung herumplagen zu müssen.
Wenn Leute wie z.B. Michael Hanfeld von der FAZ in Bestform sind, weicht mir das Grinsen nicht vom Gesichte, und ich wünschte mir manchmal, ich würde selber gut dafür bezahlt, ab abends um Elfe, einen guten Roten neben der Tastatur, meine Frühkritik einzuhacken, eine Idiotensendung zerlegend, als einer der wenigen der Republik, die diese mit Grund und Gewinn angesehen, als professionelle Herausforderung, mit der geforderten lachenden Bosheit.
Manchmal ziehe ich mir dann sogar noch, teilweise oder Lanz – äh, ganz – die Leserkommentare rein, die einen jubelnd, die anderen getroffen kommentieren zu sehen.
Rache ist eben süß. Ja, Rachsucht aus Neid wird den Feuilletonisten, wenn sie filigran wie grob zuschlagen (Frank Lübberding nennt Markus Lanz im oben verlinkten Artikel nicht nur einen Scharlatan, sondern titelt auch noch “Der Scharlatan”) nicht selten unterstellt, woran zudem, was die Sache noch reizvoller macht, nicht selten ein Gran oder auch mehr als ein Gran Wahrheit.
Denn – mal beabsichtigt, mal unbeabsichtigt – es scheint völlig zurecht nicht selten durch, dass der Kritiker sich ärgert, am freien Markte im Schweiße seines Angesichts mit harter redlicher Arbeit sein mittelprächtiges Geld verdienen zu müssen, während die letzten Laberbacken von der GEZ mit Penunze zugeschissen werden, wie als ob man alte, lendenlahme, halbblinde, demente Bernhardiner mit Heidschnuckenlammfilet und Bündnerfleisch fütterte.
Und der Witz an der Sache ist tatsächlich, dass ich jedem besseren Feuilletonisten ohne weiteres zutraute, selbst wenn dies seine Premiere, eine wenigstens passable Schwatzschau auf die Beine zu stellen und zu moderieren, wohingegen mehr als fraglich, ob einer oder eine der Schwatzmeister und Schwatzmeisterinnen selbst nach langem Volontariat usw. – oder gar je – auch nur einen einzigen guten Artikel des entsprechenden Genres zu verfassen in der Lage wären.
Insofern waltet hier tatsächlich auch die Rache des intelligenten, gebildeten, wortgewandten, vergleichsweise am Schwarzbrote nagenden Journalisten an jenen Kollegen der Television, die oft dümmer daherkommen als wenigstens der Durchschnitt jenes Volks, das zu verdummen sie beschäftiget.
Ich hätte, ja, gute Lust, mir auch mal so eine Lanzerei oder Willerei oder Maischbergerei (wie heißt der andere noch?) reinzudrehen, um mal ordentlich die Pistole rauszuholen, was ich mir hier ja noch weitaus schussfreudiger erlauben könnte, als die Kollegen der altehrwürdigen FAZ.
Ich fürchte aber – außer dass mir das keiner auch nur in Brosamen bezahlte – , dass meine Leserschaft auf derlei Stücke gar keinen besonderen Wert legte.
Nun gut. Es mag auf einen Versuch ankommen.
(Lübberding schreibt in der Unterüberschrift: “Markus Lanz ist ein Symptom unserer gesellschaftlichen Verhältnisse: Er kann nicht zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden. Aber warum müssen wir ihm dabei zusehen?” – Lübberding selbst hatte immerhin einen vernünftigen Grund dafür… Wobei anhand des Begriffs des “Scharlatans” noch der Kritiker selbst zu kritisieren ist. Denn ein Scharlatan weiß, dass er die Leute beschwindelt und ziemlich genau wie und wozu. Wenn Lanz nun wirklich nicht zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden kann, reicht es bei ihm nicht einmal für einen anständigen Scharlatan. Dann wäre “Idiot” der treffende Ausdruck.)
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Tags: FAZ, Fernsehkritik, Feuilleton, Frank Lübberding, Journalisten, Michael Hanfeld, Schwatzmeister, Schwatzschauen