Frank Schirrmacher, Herausgeber der FAZ, hat die Josef-Neuberger-Medaille der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf verliehen bekommen, in seiner Dankrede versucht, Bemerkenswertes zu sagen, was ihm teils auch gelungen ist.
Dem Titel “Den Schmerz verdoppeln” folgend geht es in der Unterüberschrift auf faz.net gleich mächtig zur Sache:
“Was ist Inversion? Wenn ein Nobelpreisträger die Juden zur Gefahr erklärt. Wenn die deutsche Justiz den Juden Körperverletzung vorwirft.”
Schirrmacher redet dann ausführlich über Juden, die er gekannt hat und kennt, erklärt anhand literarischer und historischer Bezüge die rhetorische Figur der Inversion bzw. Umkehrung, sieht diese zumal im judenfeindlichen Sinne überall, Günter Grass bekommt wegen seines berüchtigten israelkritischen Gedichtes vom Frühjahr, was ihm seiner Meinung nach dafür als einem perfiden Oberverdreher gebührt, was ich hier nicht weiters diskutieren will, kommt dann aber so richtig invers zur Sache.
Es sei, schreibt er (damit die Inversion der Unterüberschrift bezüglich deutscher Justiz, Juden und Körperverletztung präzisierend):
“Inversion, wenn im Jahre 2012 eine jahrtausendealte Praxis wie die Beschneidung von deutschen Gerichten als „Körperverletzung“ verurteilt wird und in Deutschland eine Debatte darüber beginnt, die „Judentum“ und „Körperverletzung“ in einen juristisch-semantischen Zusammenhang bringt, der einen sprachlos macht, in dem jüdische Eltern angeblich ihre eigenen Söhne verletzen, wo es einem doch erst einmal gereicht hätte, wenn die Justiz, die sich jetzt für Jahrtausende zuständig fühlt, damals sich nur für zwölf Jahre zuständig gefühlt hätte, als Deutsche und ihre Helfer nicht nur Körperverletzung an Juden betrieben, sondern Mord und Totschlag.”
Nochmal der Kern: “…in dem jüdische Eltern angeblich ihre eigenen Söhne verletzen…”
Aha.
Es ist also eine ungeheuerliche Inversion, wenn man das Wegschneiden eines der empfindlichsten Organe vom Geschlechtsteil wehrloser Knaben als Körperverletzung bezeichnet, man begeht damit, da es ja offenkundig keine ist – weil man das seit Jahrtausenden so macht – , durch diese judenfeindliche Umkehrung der Dinge, folgt man der Logik Schirrmachers, selbst Körperverletzung.
Das hieße, wäre es wahr und nicht so dreist und dumm wie es ist, nicht eben so invers, dass der Kölner Richter für sein Urteil angezeigt und vor Gericht gehörte und alle Beschneidungskritiker, die die Knabenbeschneidung für Körperverletzung halten, wofür sie zwar nicht unbedingt eine Medaille erhalten werden, womit sie lediglich, sollte nicht noch Empathie hinzutreten, elementarer menschlicher Vernunft folgen, gleich mit.
In der Tat: Das vom Bundestag geforderte Knabenverstümmlungserlaubnisgesetz wird wohl für sich alleine nicht reichen.
Man wird den “Blasphemieparagraphen” 166 StGB mit dem ausdrücklichen Zusatz versehen müssen, dass Kritik an der Knabenbeschneidungspraxis automatisch darunterfällt. Und die Paragraphen zum Straftatbestand der Körperverletzung sind ebenfalls also sinnig wie unzweideutig zu ergänzen.
Ob Schirrmachers Rede Rechtsgeschichte schreiben wird?
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Tags: Dankrede, Düsseldorfer Jüdische Gemeinde, Inversion, Josef-Neuberger-Medaille, Knabenbeschneidung, Knabenverstümmlungserlaubnisgesetz
@ Alle & Unbekannt
Nun, hier kommentiere ich zunächst mal alleine.
Gerade, da sich sonst wohl keiner traute oder sich interessierte, kam ein Beitrag herein, den ich in seiner – menschlich vielleicht zunächst verständlichen – wütenden Gänze zu veröffentlichen abgelehnt habe, dem ich aber doch ein Zitat entnehmen will, von dem ich mich ebenfalls aus guten Gründen distanziere, das ich aber hier trotzdem der notwendigen erzieherischen Strenge und Deutlichkeit halber einbringe:
“Wofern es noch dran ist: Na dann ab mit DESSEN Präputium, ohne Betäubung und mit Abschlecken seitens des ausführenden Mohel!”
Im Beitrag ist nicht geklärt, ob Herr Schirrmacher sich dieser offenkundigen Körperverletzung, die für ihn zumindest als Kind keine gewesen wäre, freiwillig aussetzen solle, oder ob dies ein Aufruf zu einer schweren, irreversibel verstümmelnden Gewalthandlung mit anschließendem sexuellem Missbrauch ist.
Dummheit und Billigung von derlei Handlungen, an wehrlosen Kindern vorgenommen, kann keine entsprechende Körperverletzung am derart Dummen und derlei Billigenden rechtfertigen.
Wenn Herr Schirrmacher sich einer entsprechenden Prozedur, er ist, so weit ich weiß, volljährig, unterziehen will, steht ihm das selbstverständlich frei.
Der Diskutant/die Diskutantin sollte sich darüber im Klaren sein, dass auf diesem Blog nicht zu Straftaten aufgerufen werden darf und auch nicht das Prinzip “Auge um Auge, Zahn um Zahn” einen Platz finden kann.
Herr Schirrmacher verdient die öffentliche Behandlung, die er von mir für seine Einlassungen erfahren hat; inwieweit seine Aussagen mentaler oder/und materieller Korruption geschuldet sind, inwieweit seinem mangelnden logischen Denkvermögen, inwieweit seiner Gefühllosigkeit, kann ich nicht beurteilen.
In diesem Blog jedenfalls dulde ich keine Äußerungen, die mich, da ich potentiell verantwortlich gemacht werden kann, indirekt auch für freigegebene Äußerungen, selbst wenn ich, wie hier, diese, uneingeordnet, auch nicht unterstütze, in ein Zwielicht der Befürwortung illegaler Handlungen, zumal Gewalthandlungen, setzen könnten.
Und, um letztdeutlich zu werden: Es wäre ja nochmal schöner, wenn ich, der Meinungsfreiheit anlässlich von Äußerungen wie jener Herrn Schirrmachers, eine vielleicht in der Wut nur unbedachte Riposte durchwinkend, am Ende noch die Zeche dessen ganzer irrwitziger Inversion zahlte.
Herr Schirrmacher muss mit dem leben, was er gesagt hat: dass er Knabenverstümmelung am Geschlechtsteil für völlig in Ordnung hält; führte er eine solche durch, und es würde von einem ordentlichen deutschen Gericht als eine vorsätzliche schwere Körperverletzung an schutzbefohlenen Minderjährigen verurteilt, so wäre ihm die entsprechende Strafe von jenem zuzuweisen, die es mein Recht wäre, in ihrer meines Erachtens übertriebenen Milde oder Strenge zu loben oder zu tadeln.
Wer sich mit Knabenverstümmlern auf eine Stufe stellen will, oder ähnliches, wie von jenen ausgeübt, fordern, hat hier kein Forum.
(Es ist allerdings noch anzufügen, dass die Billigung, zumal die öffentliche, von schweren Straftaten meines Wissens normalerweise auch strafbar sein kann; das gilt jetzt dem FAZ-Herausgeber.)
@ Alle (Nachtrag)
Da ich hier ja nun ohnehin schon fast nur mit mir selber diskutiere, kann ich dazu ja auch noch nachlegen.
Wir stehen hier vor einer klassischen Lügensituation.
Es heißt, allen sei gleiche Meinungsfreiheit gewährt.
Das stimmt natürlich in keiner Weise.
Herr Schirrmacher (jetzt dient er nur noch als Beispiel, was er im Grunde auch ist) kann jeden Fehler machen, praktisch ohne Konsequenzen.
Macht einer hingegen wider ihn bzw. das von ihm Vorgebrachte auch nur einen minimalen Fehler, so wird man ihn publizistisch (sehr schnell auch nicht nur das), wenn man es denn für angebracht hält, dafür in jeder nur erdenklichen Pfeife rauchen.
Das ist nicht lustig. Aber: Es sollte unseren Sportgeist wecken.
DER kann jeden Mist erzählen, prima, Jubel, Kotaus, Medaillen, Hurra! – und wenn unsereiner auch nur bei einer Formulierung nicht ganz hahnenbambelgenau aufgepasst, dann werden 100 Bazookas und 200 Dicke Bertas rausgeholt (braucht man derzeit vor allem für den Euro, aber man kann sich die auch anderweitig abholen).
Seien wir doch froh, dass wir nicht für jeden Unfug Ehren und Champagnerempfänge bekommen.
Treten wir etwa dafür an?
Wir haben kaum eine Chance, also nutzen wir diese umso genauer und treffsicherer.
Dies ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Arroganz der Macht besoffen macht.
Der Mann widerlegt sich aus seiner Rede selbst, merkt es nicht, der Rest seiner Applaudanten auch nicht, manche vielleicht, schmerzhaft, wenn sie das lesen, was ein kleiner böser Mann dazu sagt, der sein Hirn weder bei einem Konzern, einer Bank, einer Partei, oder sonstwo abgegeben hat.
Oder sie merken es eben dann noch immer nicht. Na und?
Immerhin beschleicht viele schon ein Unbehagen, und keinem mehr fällt so recht etwas ein.
Das ist die erste Stufe des Erfolgs verbotener Logik.
Klar, dass man dann lacht über jenen kleinen Wichtigtuer, verdrängt man dessen Worte nicht gleich: Das ist ganz normal. Man weiß ja, zu wem man zu gehören hat, wo im Zweifel noch immer der Hammer hänge. Redet sich das wenigstens ein.
“Gar nicht erst ignorieren, so einen!” – das ist da das mal ausgesprochene, meist nicht ausgesprochene Motto.
Was schiert uns das?
Denn, alle Lebenserfahrung spricht dafür: Die Klügeren fangen schon an zu tuscheln, dass derlei, wie von jenem, dessen Namen ich nicht mehr zu wiederholen brauche, irgendwie doch nicht so ganz klug gewesen sei. Selbst wenn das bisher bloß so ein kleiner Blogger gemerkt und offengelegt hat. Der, natürlich, gemessen an jenem, nichts ist, was ja wohl auch so bleiben wird. Wenigstens sollte. Wird schon jemand dafür sorgen. Ja, jemand, aber die Klügeren fangen schon an, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Sollen andere das machen.
So beginnt die Erosion.
Und beim berühmten fünften Bier setzt der bedenkliche Zweifel ein, wohin die Reise schließlich doch noch gehe könne.
@Magnus
Auch wenn ich es – es recht eingedenk des URL-Namens Deines Blogs hier und der Übertitelung – widerwärtig und himmeltraurig finde, dass Du so entschieden hast (und dabei intressiert mich absolut nicht, dass ich den entsprechenden Kommentar gar nicht kenne, zumal er ja nicht von mir kam *g*), kann ich es voll und ganz nachvollziehen, und ich hätte selbst in der gleichen Situation wohl genauso gehandelt.
Es wurden schon allzu viele verschwunden gelassen.
Das ist es nicht wert. In einem Faustkampf auf Leben und Tod hält man dem Gegner ja auch nicht den Hals direkt so hin, dass er die messerhaltende Hand nur noch hinunterziehen muss…
Und es wäre allzu allzu allzu schade um Deinen hochkarätigen Blog – eine richtiggehende Bibiliothek der Weisheiten alles in allem – hier!
Ps. Wohin die Reise geht, hängt vorallem am übriggeblieben Gesamtmasse der Klarheit des Bewusstsein, dem Gemeinschaftsgfühl, und des gesunden Menschenverstandes und Gewissen der Volksgemeinschaft. Ich vermute leider, dass es noch ziemlich düster werden wird… …ja, noch düsterer…
Aber die dunkelste Stunde vor dem Sonnenaufgang ist nicht mehr allzuweit…