Ab und an schaue ich mir zur Entspannung mal einen Krimi an.
Inzwischen – heute Nacht wurde es mir vollends klar – verliere ich die Lust daran.
Die neueren Krimis bauen fast sämtlich auf Perversen, empathisch gesteuerter Emotio, idiotischem Vorgehen der Ermittler auf, derart, dass selbst bei besten Schauspielern und Einzeldialogen die Spannung bald perdu. (Der Chefermittler unterhält sich gleich hinterm Haus des Erzbösewichts mit der verdeckten Ermittlerin, und wenn das nicht reicht, um sie storyführend in Lebensgefahr zu bringen, setzt er sich selber, allbekannt, in den Wagen wartend vors Anwesen, nachdem sie im Garten mit einem fuchtelnd palaverte, der bereits ins Visier des Beobachteten geraten, schon von seinen Gorillas zusammengeschlagen wurde, und dergleichen mehr.)
Die Polizisten – ansonsten alterfahrene Cracks, hehe – sind so fahrlässig und doof, dass sie den Verbrecher am Schluss bloß fangen bzw. zu überführen vermögen, weil der sie, zunächst unerschütterlich listig und verschlagen, in seiner maßlosen Arroganz für noch dümmer hält, als sie das zu sein durchhalten.
So macht das Ganze – außer es ist Slapstick – keinen Spaß mehr.
Die Drehbuchautoren scheinen nur noch für Idioten zu schreiben.
Ausnahmen mag es geben.
Man kann aber fast schon sagen, dass je teurer die Schauspieler und je aufwendiger Drehorte und Action, die Logik der Handlung um desto sicherer untergepflügt wird, spätestens nach einer halben Stunde (bei den Langkrimis, bei den kurzen nach zehn Minuten) in den Orkus fährt.
Und das ebengerade bei jenen Krimis, die ernstgenommen werden wollen.
Und selbst wenn alles nach einer veritablen Verschwörung riecht, indem so viele Umstände so merkwürdig zusammenkommen, dass auch ein unbedarfter Bauernseppel sich so langsam aber sicher an der Runkelrübe kratzte, müssen noch zwei Involvierte rätselhaft unter Busse und Bahnen geraten, bis dass der alte Hase sich hinreichend wundert und endlich dem Naheliegendsten nachgeht.
Dieses “retardierende Moment” (hier mal im Sinne dessen, dass alle Kommissare geistig etwas retardiert sein müssen) nennt sich dann “Suspense”, dem klassichen Drama entlehnt, zwar völlig missraten, aber eigentlich des absurden Theaters (das ja immerhin, welchem Gott sei Dank, weiß ich nicht, kaum noch gespielt wird).
Ich mische auch gerne satirische Elemente mit sehr ernsten Aussagen. Das aber geschieht – ich hoffe, zumindest nicht in der Regel – nicht aus Versehen, nein, geschieht nicht, sondern ist klar und bewusst so konzipiert, nicht unfreiwillig. (Die wirklich harte Staire tut das letztlich immer.)
Da gucke ich mir doch lieber zum zehnten Mal “Goldfinger” mit dem grandiosen Gert Fröbe an, als dass das ganze heutige Berlin im Zusammenhang mit einem gerade mal ein paar Stunden andauernden Stromausfall, ernstlich, unter Aufbietung eines Ensembles deutschsprachiger heutiger sogenannter Großschauspieler, zu einem Riesenklo an Derangierten, Marodierenden, auf der Gasse Erfrierenden (anstatt mal zuhause zu bleiben, so schnell erfriert’s sich da nicht, wenn man eine Jacke hat), die flüchten, wie als ob sie 1945 dem Russen auf der Kurischen Nehrung davonlaufen müssten, in ein Chaos gerät, dass nur noch die beiden Helden mit funktionierndem Restverstand und einem altdeutschen, echten Schraubenzieher die Sache noch endweis zu wenden vermögen. (Das sah ich, es hieß wohl “380 000 Volt”, oder so, vor zwei Elisabeth-George-Lynley-”Krimis”, bis dass ich mich zum Schreiben des Obigen veranlasst sah, da solcherlei eben keine Ausnahme bildet.)
Oh sancta simplicitas!
Oh irrealis galacticus!
Oh stupiditas maxima!
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Tags: Seppel und Simpel