Ursünde (II)

“Wenn es eine Ursünde gibt, heißt sie Glaube.”

Obiges schrieb ich im ersten Teil und handelte mir dafür gleich Kritik ein.

Und kündigte dann an, noch ausführlicher darauf einzugehen.

Und ich beginne jetzt auch gleich mit zwei Beispielen aus der Welt der Menschenkinder.

Vorgestern erzählte mir mein jüngerer Sohn, doch schon sehr gläubig, da ihm dies von einem Kameraden mit stetigem Nachdruck erzählt worden war, Lidl-Ware sei, an REWE-Ware gemessen, generell minderwertig.

Ich brauchte etwa zehn intensive Minuten dazu, ihm zu erklären, dass man das so nicht sagen könne.

Dass der REWE zwar eine Fleisch- und Wurst- sowie eine Käsetheke habe, auch manche hochwertigeren Produkte führe, die beim Lidl nicht zu finden seien, aber keineswegs alle dort angebotene Ware qualitativ besser sei.

Ein andermal hatte ich’s mit meinem Großen.

Diesmal war derjenige, dem er unbesehen glaubte, ein Staatsschullehrer.

Dieser Deutschlehrer hatte ihn rund gemacht und dabei auch noch seinen ihm dies mitgegeben habenden Vater vor der ganzen Klasse verlacht, dahingehend, dass es den Plural “Pronomina” zu “Pronomen” nur in meiner und seiner eingepflanzten Phantasie gebe: es gebe nur den Plural “Pronomen”. Garantiert und Ende.

Wiederum benötigte ich hartes Insistieren und schließlich gar Netzlexika, bis dass der Sohnemann mir “glaubte”, anstatt seinem, naja, wie soll ich sagen…, der partout nicht bereit war, die Sache auch nur zu prüfen.

In beiden Beispielen war ich also erstmal der Blödmann, der Mist erzählt.

Weil die Kinder einfach glaubten.

So geht es im Grunde überall. (Die beiden sind nicht dumm. Sie hatten ja immerhin auch eine Mutter.)

Ich könnte jetzt noch hundert oder tausend Beispiele bringen, sehr wohl auch “geistigere”.

Langweilen können Sie sich aber sicherlich auch ohne mein Zutun.

“Glaubt niemandem und gar nichts einfach so! Auch mir nicht!”

Also lautet der Hauptleitspruch, das Prinzip der “Kinderstube” im Hause Magnus Göller.

Dass man meinen Kindern schon erzählte, ihre Mutter sei garantiert nicht im Himmel, da sie ja nicht an Gott geglaubt habe…lassen wir solche gläubigen Grausamkeiten.

Die Leute glauben auch an die Gerechtigkeit des Libyen-Krieges.

Jedenfalls viele.

Viele davon Studierte.

Dem Koran sogar, häufig ansonsten Intelligente.

Und: Den Einwand, irgendwie glaube doch jeder an irgendwas, ob er sich’s nun eingestehe oder nicht, lasse ich hier und jetzt nicht mehr gelten.

Der ist nämlich so richtig wie dreimal verkehrt.

Er besagt lediglich, dass man manches zeitweise annehmen muss, um zu existieren.

Und eben ganz und gar nicht, dass Glauben per se hilfreich sei.

Ich werde darum auf eine also gegründete Invektive auch nicht antworten.

Richtig ist, dass Glaube ein Herzenswärmer sein kann.

Irgendwo ist irgendwas, das mich birgt, schützt.

Der Preis für diese Art Glauben aber ist hoch.

Er beträgt nicht nur jene sieben von zehn ererbten Talern für die Stiefel des Katers.

Man handelt nämlich Verstand gegen jene vermeintliche Geborgenheit.

Mir ist das zu teuer.

Wohl wissend, dass nichts umsonst ist auf der Welt.

Letztlich ist auch jedes tiefere Glauben ein Schwören, also Fluchen.

Womit sich die Katz schon in den zehn Geboten bös’ in den Schwanz beißt.

Ob mir dahingehend noch einer folgen kann?

Ich glaube es einfach mal.

Tut mir gerade gut.

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3 Antworten zu “Ursünde (II)”

  1. Lesezeichen sagt:

    Hallo Magnus,

    ein schwieriges Thema, aber ich gebe dir Recht. Man sollte seinen Kindern ein gesundes Misstrauen mitgeben. Nicht jeder hat Recht, nur weil er im Prinzip die Position dazu hätte, Recht haben zu können.

    Gestern habe ich in der Mediathek den Film “Das weiße Band” angesehen, einen Film, den ich jedem nur empfehlen kann. Das dort geschilderte Leben ähnelt sehr dem, was ich aus Erzählungen von meinen Eltern kenne. Die Erziehung bereits der Kleinsten zur Obrigkeitshörigkeit musste zwangsläufig zu solch furchtbaren Dingen wie Faschismus führen.

    Teilweise werden gerade im öffentlichen Schulsystem solche Dinge heute noch ausprobiert, wie wir aus eigener – leidvoller – Erfahrung sehr gut berichten könnten. Es würde allerdings den Rahmen hier sprengen. Ich bräuchte den Fred für mich allein.

    So manches Mal habe ich mir schon vorgenommen, mal ein Buch darüber zu schreiben. Eine gute Freundin, die gerade einen e-book-Verlag aufzieht, erinnert mich des öfteren daran.

    Wie auch immer.

    Mich trifft es immer sehr, wenn ich mitbekomme, wie man versucht, schon die Kleinsten zu verbiegen. Man kann Kinder sehr gut MIT ihrer Art, ihrem Charakter, groß werden lassen. Man muss sie nicht verbiegen. Leider glauben viele, dass letzterer Weg der leichtere ist, ganz nach dem Motto: “Ist der Wille erst mal gebrochen…”

    Leider gehen solche Änderungen in einer Gesellschaft sehr langsam vonstatten.

    nachdenklich

    das Lesezeichen

  2. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Lesezeichen

    Schreib’ das Buch.

    Du kannst es.

  3. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Lesezeichen

    Eine Bestellung liegt, wofern das Buch irgend erschwinglich, hiermit schon vor.

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