Für meinen vorangegangenen Artikel “Tatort: Frauenfußball für Unhundsfötter (Atomtittenanschlag?)” zum Frauenfußball erntete ich bislang wenig Zustimmung.
Was wunder.
Dabei hatte ich in keiner Weise gesagt, Frauen sollten nicht Fußball spielen oder dass Frauen und Männer sich etwa nicht dafür begeistern dürften.
Ich brach lediglich eine Lanze für jene, die inzwischen andernfalls auf der Anklagebank der Genderkorrektheit zu landen kommen, die sich, wie ich, bislang nicht eben sonderlich dafür interessieren und auch noch wagen, das offen und klar auszusprechen.
Ich selber interessiere mich übrigens schon seit Jahrzehnten insgesamt nicht sonderlich für Fußball; und schon zuvor war ich diesbezüglich ziemlich gemäßigt; außer alle zwei Jahre, wenn die besten Männer in Nationaltrikots gegeneinander antreten.
Und dann interessiert mich das Soziologische mindestens so sehr wie das Sportliche, und ich muss keineswegs alle Spiele sehen.
Was sollte mich auch an zusammengekauften Söldnertrupps wie Chelsea oder Inter sonderlich teilnahmsvoll machen?
Die Spanier gewannen zuletzt mit lauter Spaniern Welt- und Europameisterschaft, ohne Passverschenken und Kungelei.
Das fand ich klasse.
Weiterhin: Weshalb muss ich ausgerechnet Frauenfußball spannend finden?
Sonst gibt es doch auch noch keine Vorschriften, wen oder was ich spannend finden müsse, oder?
Na gut, ich erinnere mich.
Als 16-20-Jähriger hätte ich unbedingt Hesses Narziss und Goldmund sowie Eichendorffs Taugenichts spannend finden sollen, und ich galt, da man mich für einigermaßen lesfähig erachtete, als ein unbeugsam asozialer Feind hochgeistiger Literatur und natürlich total macho und unspiri, jedenfalls in den damals weithin tonangebenden Kreisen.
Da galt kein Widerwort: Nicht einmal den Siddharta mochte ich schließlich lesen, und sei es auch nur aus blankem, grob herausgefordertem Halbwüchsigentrotz.
Es ging ja soweit, dass ich die Welt nicht irgend verstünde, keine Ahnung vom Feineren und Höheren insgesamt hätte und haben wolle, nachgewiesen durch meine Renitenz gegen den hehren Rat der möchtegerngebildeten Masse.
Das Schwärmerische, die verdrehten Augen, die salbungsvollen Reden, dabei den Asozialdolch im Gewande: Es unterschied sich nicht wesentlich von dem, was jetzt in Punkto Frauenfußball dahergefirlefanzt wird.
Vielleicht liebe ich ja einst eine Nationaltrainerin und gehe mit feuchten Augen zu jedem Spiel?
Wer weiß das?
Einstweilen aber gehen mir mal wieder die Gutmenschen auf den Senkel, die mir einen Strick daraus drehen wollen, dass ich noch nunmal gar keine Neigung dazu habe und das auch deutlich sage.
Letzteres ist meine Aufgabe, denn sonst könnte ich das Schreiben wahrlich bleiben lassen.
Diese Veranstaltung hier heißt nämlich nicht umsonst Zeitgeist.
Alswelches bedeutet, dass Jetziges wie Vergangenes wie vielleicht Künftiges wie Überzeitliches an dieser Stelle fördernd wie auch kritisch darzulegen und zu betrachten sei.
Und dies ständige Gejammer, altgestrige Seppelhüte wie ich hätten nicht gerechterweise ebensoviel für Frauen- wie für Männerfußball übrig, das ist nicht nur erbärmlich, sondern dabei auch noch dreist.
Es ist nämlich ein kaum kaschiertes Gender-Mainstreaming-Programm, das da eiskalt gefahren wird.
Männer sollen sagen, sie seien vollauf begeistert, selbst wenn sie noch fünf Bier mehr brauchen, um das, was sie eigentlich nun anzugucken nicht die geringste Neigung verspüren (jedenfalls nicht im erwarteten feierlich begeisterten Ernste), vermeintlich unbeschadet zu ertragen.
Nicht mit mir, Freunde der Nacht.
Eure Propaganda ist Hallenjojo mit verkürzter Schnur und dem linken Zeigefinger in der Nas’ gebohrt.
Dass man den Frauenfußball durch solcherlei „Unterstützung“ grundsam beleidigt, das mögen Eure inneren Zirkel sehr wohl wissen, aber das ist Euch schnurzepiepe, da es außer mir ja vermutlich kaum einer merkt.
Hauptsache Leuten wie mir und ähnlich Empfindenden Männerschuld reingedreht.
Den bösen, neandertalesken, machohaften Sappdepp, der der Weiber mytheskes Gekicke partout nicht goutieren will, weil er so ein mieser Unterdrücker ist.
Viel Neues fällt Euch nicht ein.
Politisch korrekter Zwangsspaß: dass ich nicht lache.
Hier noch ein ernstzunehmender Nachtrag-Link:
http://kopp-online.com/hintergruende/deutschland/gerhard-wisnewski/26-juni-2-11-anschlag-auf-die-frauenfussball-wm-die-moeglichen-motive.html
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Tags: Frauenfußball
@ Magnus
Meine spontane Assoziation mit dem “politisch korrekten Zwangsspaß” verrate ich jetzt lieber nicht…
Ansonsten kann ich Deinen Ausführungen nur zustimmen. Narziss und Goldmund ging mir in jenem Alter auch nicht besonders gut ein. Erst als ich ihn kürzlich ein zweites Mal las, hinterließ er einen positiven, wenn auch nicht sonderlich nachhaltigen Eindruck. Den Siddharta hatte damals allerdings verschlungen und heiß geliebt.
@ Föhnix
Nix gegen Hesse.
Jedenfalls schonmal nichts gegen seinen Stil.
Auch nichts gegen die Romantik.
Ich hatte lediglich schon damals eine Abneigung dagegen, irgendwie zwangsmissioniert zu werden.
Und las zu jener Zeit eben lieber Jack London und Raymond Chandler und James Clavell.
Und ich habe später, ganz freiwillig, Sprach- und Literaturwissenschaft studiert.
Ob grade zum Trotze, das mag mal dahingestellt bleiben.
@ Magnus
“Nix gegen Hesse.”
Absolut nicht – ich liebe seinen Stil. Nach Siddharta war übrigens Demian mein Favorit, inzwischen ist es jedoch der Steppenwolf.
@ alle
Ich empfehle, diesen Nachtragslink zu beachten.
Klug analysiert.
@ Magnus
Danke, wirklich sehr lesenswert. Ich habe früher öfter und gern Wisnewski gelesen, schade, dass der nur bei Kopp schreibt (da wage ich mich nur in Ausnahmefällen hin ;-)).
@ Föhnix & alle
Zu Wisnewski haben wir uns grade genau überschnitten.