Umzug

In letzter Zeit gab es weniger „Neues aus Hammelburg“, als lange üblich.

Das sollte sich bald wieder ändern, denn der Abenteuer und Fährnisse und neuen Erkenntnisse mangelte es den drei Trägern des Hausbanners wahrlich nicht; doch waren sie so beschäftiget darmit, von ihrer alten Trutzburg in ihr neues Schloss zu übersiedeln, die neuen Stallungen instandzusetzen, sich mit den neuen Reit- und Fechtschulen vertraut zu machen, Säle, Kammern und Küchen einzurichten, alswelches immer noch kein abgeschlossenes Werk, für die notwendigen Gerätschaften zu sorgen, Antrittsbesuche zu erledigen, die neue Umgebung zu erkunden, erste ritterliche Aufträge zu übernehmen, einen neuen Herold zu bestellen, das Zeughaus in Ordnung zu bringen, und was dergleichen noch so anfällt, wenn eine ganze Linie eines Geschlechts ihren neuen Hauptsitz einnimmt.

So mag es sich dann zutragen, dass für die Teilnahme an Turnieren, am höfischen Leben, für Minnesang und Wissenschaften, für Künste und klingendes Spiel, die Teilnahme am Weltgeschehen einstweilen wenig Muße bleibt, man von da nach dort gerufen, kaum Zeit auch nur für einen geruhsamen Becher, Rats wider übele Ränke, Ansporn der Verzagten, Aufrichten der Erniedrigten, notwendige Händel mit Losen, Entdecken von Lügen, Fehden mit Falschen und Halben.

Gleichwohl, mag das Streitross auch unruhig im Stalle wiehern, das Schwert noch nebst dem Harnische traurig in der Truhe ruhen müssen, so wächst zur selben Zeit doch die Ungeduld der gesunden Art, bei aller Geschäftigkeit, wieder wie Blitz und Donner und Sonnenschein über die Welt zu kommen, es mit allerlei Drachengewürm, hinterlistigen Zwergen, grausen Gauklern, feigen Strauchdieben, reichen Spitzbuben, Verächtern der Frauen, Sudlern des Ohngeistes, verräterischen Eckenstehern, falschen Lehrern, Verleumdern der Liebe, Heuchlern des Fortschritts, Meuchlern der Kunst, Mordlustigen und Folterknechten, unbilligen Bütteln, verstohlenen Höflingen, eitlen Pfaffen, falschen Fürsprechs, ungerechten Herrschern, diebischen Kämmerern, Giftmischern, Brunnenseuchern, Unholden als Richter, Beutelschneidern, Dirnenprüglern, gierigen Medicis, schlampigen und verkauften Schreibern, Sängern des Unrats und Unflats, Ackerverderbern, Brandstiftern der Seele, Untergangsschreiern, geifernd Freudmüden, Untergräbern der Wissenschaft, Feinden der Familie, Marktschreiern des Geckentums, kurzum, allen entgegenzutreten, die…

Noch viel mehr aber wächst der Begehr, die Unbeirrten, die Mutigen, die Tapferen, die edlen Frauen zumal, zu loben, die unerschrockenen Finder und Erfinder, die sich befreienden Kinder, den Bohnen- und Linsenbauer, den Maurer, der nicht schwätzt und dabei nur lügt, sondern anständig mauert, den Lehrer, der seinen Beruf liebt, den Metzger, der eine ehrliche Wurst schafft, den unbestechlichen Wissenschaftler, den klugen und ehrlichen Kaufmann, den Sänger, der singt, den Kämpfer, der seine Heimat verteidigt, den Dichter, der nicht nach dem Preis für Verrat schielt, den Fensterreiniger in fünfzig Metern Höhe, kurzum alle, die…

Also, sobald hier alles wieder einsortiert ist, mir meine Telekommunikationsgesellschaft wieder einen Netzanschluss eingerichtet hat, hiemit in einigen Tagen, gedenke ich wieder häufiger in die Tasten zu greifen; möglicherweise indes mit etwas verschobenen Schwerpunkten.

Zwar vermag ich die Entwicklung nicht vorauszusehen, doch werden Aspekte der Sprachwissenschaft, der Kunst und Philosophie, der Bildung und Ausbildung, recht wahrscheinlich auch allegorische Geschichten und Fabeln sowie kleine Erzählungen und Märchen, vielleicht auch gar Lyrik, mehr in den Vordergrund treten, als bisher; von der Satire werde ich wohl kaum zu lassen vermögen, auch nicht gänzlich vom Weltgeschehen und dem politischen Kommentar bzw. Essay; es mag aber durchaus sein, dass Themen zwischen Jahwe, Allah, Opus Dei, Freimaurerei, Wikileaks, Kriegstreiberei und Weltfinanzbetrug, Schweinegrippe, Klimaschwindel, Ölkatastrophe usw. einen geringeren Raum einnehmen werden, allein schon deshalb, weil auf dieser Seite schon so viel dazu gesagt wurde, dass derjenige, der sich hierfür interessiert, schon eine Menge meist nicht wirklich Überholtes dazu zu lesen findet.

Ich bin jedenfalls selbst gespannt, wie es in meinem neuen Umfeld mit diesem Blog weitergehen wird und bedanke mich bei den zahlreichen Lesern, die dieser Seite trotz meiner inzwischen doch schon seit vier Wochen recht spärlich einsickernden neuen Beiträge die Stange gehalten haben.

Glückauf!

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9 Antworten zu “Umzug”

  1. TanjaKrienen sagt:

    Glückwunsch zur neuen Behausung, edler fahrender Ritter! Und dass er die Gespenster nicht missachte, denn auch sie sind gewesene Wesen, doch unvergänglich und wohl auf der Hut!

  2. Lesezeichen sagt:

    Hallo Herr Göller,

    na da fängt das neue Jahr doch gut an, oder? Ein Umzug ist immer auch eine gute Gelegenheit zum allgemeinen Ausmisten, um nicht zu sagen, Ballast abzuwerfen. Nachdem wir nun auch schon zig Mal mit Kind und Kegel und Überraschungseierfiguren umgezogen sind, kann ich jedem nachfühlen, wie das so ist. Und jedes Mal stellt man hinterher fest, dass man immer noch zu viel Krempel hat. :)).

    Wie auch immer:

    Sprachwissenschaft ist ein gutes Thema, da habe ich doch zufällig schon etwas auf der Pfanne. Heute, nachdem ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin, habe ich zunächst die Kopp-Nachrichten und dann diese Nachricht im Focus gelesen:

    http://www.focus.de/schule/schule/unterricht/paedagogik/tid-20943/schule-diktate-abschaffen_aid_588025.html

    In Hamburg werden – auf Empfehlung von Fachdidaktikern – die Diktate abgeschafft. (Ich erinnerte mich gleich an unsere ef-Unterhaltung über die Abschaffung von Übersetzungen im Englischunterricht). Da werden ja dann Deutschlands Eltern noch viel mehr zu tun bekommen. Nicht nur, dass sie ihren Kindern dann erst einmal die Schriftsprache richtig beibringen müssen, nein, nein. Dann kommt die Rechtschreibung auch noch dazu, denn die kann man ja – laut Artikel zumindest – sowieso nicht wirklich überprüfen, schon allein wegen der unterschiedlichen Zugänge.

    UND (und jetzt kommt mein ganz persönlicher Brüller)

    Zitat:

    “…„Lehrer müssen die Schrift der Schüler ja erst mal entziffern: Dass ein a wie ein o aussehen kann, ist ja noch verständlich. Aber selbst ein p und ein r sind manchmal zum Verwechseln ähnlich.“…”

    Nach dem Desaster mit der vereinfachten Ausgangsschrift kann ich diese Einlassungen sogar nachvollziehen, bzw. wundert mich das überhaupt nicht. Ich frage mich nur, wie Generationen von Menschen jemals schreiben lernen konnten. Die Schlussfolgerung ist für mich der Königsschuss. Es wird nicht logisch geschlussfolgert, dass man den Kindern wieder eine ordentliche Schrift beibringen sollte und überhaupt das Schreibtraining wieder revolutionieren sollte. Nein, wir schaffen einfach zunächst die Schreibschrift und nun die Diktate ab. Vielleicht sollten alle sowieso nicht mehr mit der Hand schreiben, sondern gleich jedem I-Dötzchen ein notebook in die Hand drücken und es einfach tippen lassen. Platz genug wäre da – gleich neben dem Taschenrechner.

    Herr Göller, das bedeutet Arbeit für Sie :)

    In diesem Sinne ein vergnügliches Jahr 2011 und herzliche Grüße vom Lesezeichen.

  3. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Tanja Krienen

    Ich weiß, dass die bösen Zauberer überall sind…

    Auch wenn ich es manchmal zu vergessen geneigt bin…

  4. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Lesezeichen

    Danke für den Hinweis, die Hausaufgabe und die gewohnt launigen Ausführungen!

  5. Lesezeichen sagt:

    Launig?

    Diese Einschätzung überrascht mich doch sehr :).

    Gute Laune ja, launig nein. Launen sind mir fremd. Ich kann mich mal ärgern, oder sogar über etwas aufregen :). Löwentemperament eben.

    An Hausaufgaben hatte ich auch nicht gedacht, sondern eher daran, dass Sie doch ein Nachhilfeinstitut betreiben und die nachlassende staatliche Schule Ihnen mehr Schüler bringt. Ihren bisherigen postings entnahm ich, dass Sie Ihr Fach verstehen.

    Viel Glück im neuen Heim :)

  6. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Lesezeichen

    Vielleicht hätte ich eher temperamentvoll sagen sollen…

    Ich habe aber grade zur Sicherheit noch einmal im Duden nachgeschlagen.

    Da steht unter “launig”: ‘Von guter Laune zeugend; witzig, humorvoll: eine launige Rede.’

    So hatte ich es gemeint und bin jetzt erleichtert, dass der Duden das Lexem so einschätzt, wie ich das tat.

    Danke für die guten Wünsche!

  7. Sil sagt:

    Ein Schüler ist durch die ganzen Änderungen, die Rechtschreibung und die Didaktik betreffend, völlig verunsichert und sitzt im Unterricht nur noch wie traumatisiert da und sagt kein einziges Wort mehr.
    Das ärgert den Lehrer, denn er sieht das als Mißbilligung seiner Arbeit an, weil er von traumatisierten Menschen eben keine Ahnung hat. So brüllt er eines Tages los: “Sven, mach doch endlich einmal Deine Klappe auf!”
    Der arme Sven, Kind von Hartz-IV-Empfängern, schaut daraufhin nur wie teilnamslos aus dem Fenster.
    Der Lehrer kann sich vor Wut kaum noch halten: “Sven, wenn Du mich jetzt nicht augenblicklich ansiehst und nicht endlich Deine Klappe aufmachst, dann bekommst Du nicht nur wegen Verweigerung der Teilnahme und schlechtem Betragen im Unterricht ein mangelhaft, sondern sogar ein ungenügend!”
    Sven lehnt sich seelenruhig auf seinem Stuhl nach hinten, schaut erst zur Decke hoch, dann wieder aus dem Fenster und erwidert kein Wort.
    Aber so schnell gibt der Lehrer nicht auf: “Sven, ich lasse Dich von der Schule schmeißen, ich habe die Macht dazu, wenn Du nicht SOFORT Deine Klappe aufmachst”.
    Daraufhin sieht Sven dem Lehrer tief in die Augen, hält seine Arme ausgestreckt zur Seite zum Himmel hoch und sagt: “I hawe no Lappetop und ich bitte geradezu um einen Machtbeweis ihrerseits, denn bei Ihnen lerne ich doch nichts Vernünftiges mehr fürs Leben”.

  8. Lesezeichen sagt:

    Hallo Herr Göller,

    ich merke, ich verliere den Kontakt zu Deutschland :)). Wir sind jetzt seit fast 2 Jahren weg und ich beginne zu schwimmen – zumindest was die deutsche Sprache anbetrifft. Der Begriff “launig” kam mir gleich etwas seltsam vor, aber ich konnte nicht sage, was ich daran seltsam fand. Mittlerweile weiß ich es: Ich verwechselte es mit launisch. Ich bin aber auch nicht auf die Idee gekommen, es nachzusehen. Es sah zwar seltsam aus, aber die Definition war für mich klar .))

    Ich stelle fest, dass mir solche Dinge immer seltener sofort auffallen. Neulich schrieb ich Kentniss statt Kenntnis und wunderte mich, dass es falsch aussieht, aber den Fehler fand ich nicht sofort. Bei wichtigen emails nach Deutschland speicher ich den Entwurf mittlerweile erst einmal ab, weil ich am nächsten Tag nochmal drüber lesen will, bevor ich auf senden drücke. Ich entdecke zunehmend verdrehte Sätze oder seltsame Satzkonstellationen :))). Auch hier bei uns zuhause macht sich eine eigensinnige Sprache breit. Wir nehmen das Wort, was uns zuerst einfällt, egal ob englisch oder deutsch. Manchmal bin ich direkt froh, dass uns keiner zuhört.

    @Sil.

    Bei allem Zorn, den ich auch schon auf Lehrer des öffentlichen Systems hatte, tun sie mir immer mehr leid. Sie sind vielerorts genauso ein Opfer des Systems, wie die Schüler auch.

    Das große Problem im Schulsystem ist, dass es keine Rückrufaktion gibt. Bei defekten Autos hört man sogar im Radio, wenn das Herstellerwerk einen Fehler gefunden hat. Schlechte Lernmethoden verschwinden einfach so wie sie gekommen sind, um dann irgendwann in einer anderen Ecke der Republik als das neueste vom neuen eine Wiedergeburt zu erfahren, ohne dass jemand weiß, dass es eine Wiedergeburt ist. Meistens spricht man von einer neuen Methode :))).

    Gerade junge Lehrer werden oftmals regelrecht genötigt, eine bestimmte Methode anzuwenden, damit sie die Prüfung bestehen. Ob sie selber das wirklich gutheißen, ist eine andere Geschichte. Man merkt, dass das Kind eigentlich eine völlig nebensächliche Rolle dabei spielt.

    Ich bin froh, dass unsere Kinder darüber hinaus sind und sollten wir irgendwann einmal Enkel haben, werden wir stützend eingreifen, wo immer wir können. Am besten, man sucht sich ein Land, in dem homeschooling erlaubt ist.

    Viele Grüße nach Deutschland vom Lesezeichen.

  9. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Lesezeichen

    Sie beschreiben ein durchaus bekanntes Phänomen.

    Im Ausland redet man mit der Zeit im kleinen Kreise, zumal im Falle von Englisch als Wirtssprache, leicht nur noch im eigenen, zunehmend eingeschliffenen Jargon bzw. schmort im eigenen Saft: der sprachliche Ausdruck verkürzt sich und verfällt.

    Angesichts der Beiträge aber, die ich von Ihnen hier und bei ef schon las, sage ich mal launig, dass der Verfallsprozess bei Ihnen noch nicht weit fortgeschritten sein kann.

    Mittel dawider gibt es meiner Kenntnis nach drei: Lesen gehobener Lektüre in der eigenen Sprache, striktes Achten auf Trennung von Englisch und Deutsch, damit klar Deutsch sprechen, bewusst und differenziert zuhause, möglichst auch intensiven Sprechkontakt mit anderen Gebildeten.

    In der Muttersprache selber schreiben schadet natürlich auch nicht.

    Problem erkannt, Problem gebannt.

    Außerdem habe ich das Gefühl, dass Sie nicht ewig auf jener merkwürdigen Inselgruppe darben werden.

    Grüße aus der Heimat.

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