Konstantin erlöst die Braunschweiger Kinder

Till Eulenspiegels unbekannter Bruder Konstantin aus Hünxe war auf dem Wege nach Berlin. Unterwegs,  zu Braunschweig, kehrte er in eine Stadt, in der am hellichten Tage nirgendwo Kinder auf den Straßen spielten und lärmten.

‘Nanu, Hameln liegt doch schon hinter mir, was hat das denn zu bedeuten?’, dachte sich Konstantin.

Er fragte ein altes Weiblein am Markte, wo denn all die Kindlein geblieben seien, und dies antwortete unter einem Seufzen: “Man verbringt die Kinder seit einiger Zeit tagsüber ins Zeughaus, da stören sie nicht bei der Arbeit und können keinen Unfug anrichten, sagt der Rat der Stadt.”

Konstantin meinte seinen Ohren nicht zu trauen, erkundigte sich noch da und dort, doch die Auskunft blieb stets dieselbe.

So eilte er zum Rathaus und bat allda, den Bürgermeister zu sprechen. “Was willst denn du, landfahrender Bursche, unserem Bürgermeister die Zeit stehlen?”, höhnten die Stadtwächter im Vorsaale. “Ich will dem Bürgermeister keineswegs Zeit stehlen, ich will ihm mehr als genug davon schenken!”, entgegnete Konstantin.

Das darufhin ausbrechende Gelächter drang dem Bürgermeister selbst zu Ohren, also dass dieser rief: “Was für ein Geschrei hebt ihr da an, man führe den Mann vor!”

Konstantin, gefragt, wie er denn etwa Zeit schenken wolle, erklärte, dass es für ihn nichts Leichteres gäbe in dieser Stadt, als allen Bürgern mehr Ruhe und freie Zeit zu spenden.

“Dann wirst du am Sonntag nach dem Kirchgang auf dem Markte zeigen, was du kannst, und wenn du versuchst, die Braunschweiger zum Narren zu halten, wird es dir böse ergehen.”

Drei Tage lang ging in der Stadt die Kunde, dass das Schauspiel am Sonntage nicht zu versäumen sei, so dass alles Volks herbeiströmte, edel wie gering.

“Verehrte Braunschweiger!”, rief Konstantin in die Menge – er hatte sich auf den Stadtgalgen gesetzt – “Ich weiß, dass ihr vieles dafür gäbet, spendete ich euch mehr Ruhe und freie Zeit. Ich fordere aber nur das, was euch ohnehin am meisten Zeit und Ruhe und Geld kostet, indem ich es ohne einen Kreuzer Zehrschaft von euch nehme.”

“Nimm’s mit! Nimm’s mit! Nimm’s mit!”

Das Volk überschlug sich vor Vergnügen.

Anderntags führte Konstantin den Braunschweigern ihre Kinder aus dem Zeughause und gab sie ihnen erst zurück, als sie ihm unter Eid versicherten, im Zeughause künftighin nur noch Zeug zu lagern.

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4 Antworten zu “Konstantin erlöst die Braunschweiger Kinder”

  1. TanjaKrienen sagt:

    Man höre dazu Hannes Wader “Der Rattenfänger” aus dem Jahre 1974.

    Man siehe: Die Kanzlerin wird mit der Axt gejagt, Pistolen entsichert und Fridolin vom Rotweingürtelgürtel spricht zum Sarrazin-Buch, es ist klar: das ist das neue Campo-Video – http://www.campodecriptana.de/blog/2010/09/05/1709.html

  2. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Tanja Krienen

    Weißt du einen Chansonnier, der mein “Agenturlied 2010″ anständig interpretiert?

    (Er kann den sperrigen Offizialtitel auch durch “Wir haben ‘nen wackren Präsidenten” ersetzen.)

  3. TanjaKrienen sagt:

    Hallo Magnus, ich kenne den Text nicht, denke einfach, wir sollten das mal zusammen selbst einspielen *lol*. Ich übernehme die Kesselpauke!

  4. Magnus Wolf Göller sagt:

    @ Tanja Krienen

    Schaunmermal, ob wir uns das trauen. Den Text findest Du tatsächlich unter “Agenturlied 2010″. Es sollte etwa so spätzwanziger- oder frühfünfzigermäßig klingen, eher letzteres, mit volltönender, doch schnarrender Stimme und rollenden Rs, als komischer Trauerrundgesang.

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