Aus Berlin II

Besonders erfreulich an Berlin ist der geringe Autoverkehr; außer zu Hauptzeiten auf den großen Magistralen sehr gemäßigt: Stellplätze sind rar, viele Leute können sich ohnehin keinen PKW leisten, und auch viele andere verzichten angesichts des Tag und Nacht sehr zügigen und verlässlichen, überallhin ausgebauten, überdies günstigen Berliner Nahverkehrsangebotes freiwillig.

Und nicht nur dadurch, sondern natürlich auch durch Sanierung und Verbesserung von Heizanlagen, wie die geographische Lage und bauliche Weitläufigkeit, ist die einst legendäre Berliner Luft nach meinem Empfinden für eine Weltstadt immerhin bemerkenswert.

In der Schnellgastronomie scheinen die ostiasatischen Nudel- und Wokbrutzler den türkischen Dönerbuden wie vielleicht auch den deutschen Curry- und Bockwurst- und Bulettenbuden Marktanteile abgenommen zu haben, Läden überall.

Die amerikanischen Burgerketten findet man mit aller Gewalt wohl auch mal, sah heute so ein “Restaurant” am Alexanderplatz, aber sie können sich mit ihrem bescheidenen Angebot und ihren daran nochmal gemessen zwei- bis dreifach überhöhten Preisen gegen die Obengenannten wie die vielen anderen nicht durchsetzen, alswelches mich nicht betrüblich stimmt.

In einer Hinsicht herrscht in Berlin zwar nicht überall und für jeden Mangel daran, aber die meisten frischen Backwaren, die zu erschwinglichen Preisen angeboten, erreichen kaum das, was von einem anständigen fränkischen oder schwäbischen Bäcker erwartet wird; schade.

An gutem, frischem Gemüse herrscht kein Mangel; die vielen privaten türkischen Gemüseläden scheinen durch ihr Angebot einen heilsamen Druck auf die Supermärkte auszuüben, so dass diese sich Mühe geben müssen.

Am allerwenigsten mangelt es in Berlin am Bier.

Noch morgens um Vier muss der Durstige Mann nicht bangen, ob er noch ein Öffentliches Haus erreiche, zumal, wenn tapfer unterwegs, eines dieser wunderbaren winzigen Büdchen, nebst Tabak oder sonstwas den zuverlässsigen Kühlschrank drin, dort je nach Beutel doch sehr erschwinglich, vom Sternburg- über das Berliner bis zum Beck’s Bier; und so kann der Durstige Mann, in kurzer Rast sich stärkend, noch die Versorgung für wenigstens ein bis zwei Meilen, die klassische Restzwodrittelflasche, mitnehmen, wohlgemut.

Die Verschwörung der Wirte und Büdchenbesitzer, die genau wissen, dass sie letztlich an einem Strang ziehen, zusammen mit den Berliner Verkehrsbetrieben, hat es zustande gebracht, dass die Berliner rund um die Uhr unterwegs sind.

Dabei wollen die das ja sowieso so.

Wenn der Euro bricht, wird die Berlinergedeckte Bierwährung eingeführt.

München ist ein armes kleines Dorf hiergegen.

Vom trüben Frankfurt ganz zu schweigen.

Ganz Deutschland arbeitet das ganze Jahr hart und unermüdlich dafür, dass die Berliner das nicht müssen und dem Ausland in der Hauptstadt demonstrieren können, wie dauerfeierselig weltoffen wir Deutsche inzwischen geworden seien, zwar oft arm, meist ohne Arbeit und etwas angesäuselt, aber ganz glücklich, fröhlich und brav.

Das goutiert auch der Hamburger Hanseat nicht sehr.

Berlin nervt.

Jedenfalls viele, die gerade nicht dort sind.

Also Landesschatzmeister und derlei unsexy Typen.

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