Arme Ärzte?

Kürzlich las ich, dass die armen niedergelassenen deutschen Ärzte (ich weiß, dass es in Krankenhäusern ganz anders aussieht) im Schnitt gerade mal 10 000 Euro im Monat nach Hause brächten. Ein spontaner Gerechtigkeitslücken- und Mitleidsanfall führte zu akutem Schweißausbruch, Hyperventilation und, da ich mir als geiziger Schwabe keinen Doktor leisten wollte, dazu, dass ich zur Selbstmedikation griff und recht zügig ein Nachmittagsweißbier vernichtete (von der Firma Feinkost-Lidl, die sofort wirkende Arzenei kostete 33 Cent inklusive Steuer, blieb also im Rahmen des Budgets eines kleinen selbständigen Alleinerziehenden).

Ich hatte nämlich etwa um die gleiche Zeit erfahren, dass z.B. die steuerzahlergedeckten Finanzschakale von Goldman Sachs dieses Jahr im Schnitt ohne jedes persönliche Risiko gut 61666, 66 Dollar im Monat einsacken werden, weil die von ihnen wesentlich mitverursachte Finanzkrise für sie so gut läuft.

Allerdings ließ die Attacke (welche bei einem Waage-Geborenen naturgemäß heftiger ausfallen kann als bei anderen Zeichen des Zodiaks) recht schnell nach, da es mir gelang, doch wieder an mich selbst zu denken und jüngere Erfahrungen mit Zahnärzten meines Heimatortes zu rekapitulieren.

Bei dem ersten dieser Geringverdiener nämlich hatte es sich zugetragen, dass meine Söhne und ich ein paar Routineuntersuchungen, Zahnreinigung sowie eine Plombe zum Richten bei mir und deren zwei neue beim Kleinen dort in Auftrag gaben; die Rechnungen kamen, und bei praktisch jeder Maßnahme wurde “erheblich erhöhter Zeitaufwand” kostentreibend geltend gemacht.

Das war in jedem Falle lächerlich, ich protestierte, aber hatte nach menschlichem Ermessen keine Chance, da die Praxis auf stur stellte. Also zahlte ich schließlich zähneknirschend (ich habe als privatversicherter Selbständiger einen hohen Selbstbehalt, also floss alles aus meiner Tasche, wobei der Arzt natürlich den 2,3-fachen Satz berechnen konnte).

Kaum ein halbes Jahr später hatte der Kleine Probleme ausgerechnet mit einem der beiden Plombenzähne. Beim neuen Zahnarzt stellte sich heraus, dass der Zahn nicht mehr zu retten war (glücklicherweise noch ein Milchzahn…), so dass ich einer sofortigen Ziehung desselben zustimmte, allerdings nicht ohne den neuen Arzt unter Verweis auf meine vorigen Erfahrungen zu fragen, was der Spaß denn kosten werde.

Der Arzt erzeigte sich verständnisvoll, schaute im Computer nach und erklärte, das mache 35 Euro und ein paar Cent. Inzwischen habe ich eine Rechnung über 69 Euro 97 Cent bezahlt, nachdem ich 40 in bar geboten hatte, worauf man mir erklärte, ich sei hier nicht auf dem türkischen Basar, alles habe seine Richtigkeit und im Zweifel triebe der Gerichtvollzieher den Gesamtbetrag bei.

Ich zahlte ad hoc und spendete die drei Cent Restgeld der Kaffeekasse.

Inzwischen verstehe ich noch auf einer anderen Ebene als der der Heilkompetenz, weshalb viele alteingesessene Hammelburger sagen, nur ein Idiot gehe in Hammelburg zum Arzt.

Ich weiß nicht, was diese Halbgötter in Weiß bei den Leuten alles aufschreiben, denen ihre Rechnungen schnurz sein können, weil sie ohnehin die Kasse trägt…

Als geringer Trost bleibt, dass ich diesen Leuten wenigstens ein bisschen Ärger zu bereiten vermochte, während die Bonusritter von HRE, Deutscher Bank, Goldman et. al. uns ausziehen und auslachen, ohne dass wir auch nur einmal in den Genuss kämen, ihre Sekretärinnen persönlich ein wenig zu nerven.

Insofern kümmerte ich mich als Kanzler zuerst um die Banken, aber gleich danach um unser sogenanntes Gesundheitswesen.

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