Ich möchte alle Leser, die sich für das folgende Thema en Detail interessieren, nicht mit einer Reihe von Zitaten aus der FAZ heutigen Datums behelligen und verweise dazu auf den Artikel “Ein deutsches Trauerspiel” von Lorenz Jäger auf “faz.net”.
Ich fasse daher die postmoderne Komödie inhaltlich kurz zusammen und rezensiere sie nebenher.
Das Kuratorium, welches über die Verleihung des jährlichen “Hessischen Kulturpreises” entscheidet, kam auf die besonders originelle Idee, dafür einen Katholiken, einen Lutheraner, einen Juden und einen Moslem zu erwählen.
Alle wurden über ihre Mitpreisträger im vorhinein in Kenntnis gesetzt (!), damit auch ja keiner beleidigt sein könne.
Alles erschien geritzt, doch dann erregte sich der Moslem über die Kommentare des Juden zum Gaza-Krieg und erklärte, mit dem zusammen werde er den Preis nicht annehmen.
Unangenehm zwar, aber natürlich fand man einen Ersatzmoslem, gegen den zunächst keiner der anderen Einwände hatte.
Alles schien nun glücklich ausgekungelt.
Dann aber schreibt der neue Moslem einen Artikel für die NZZ, in dem er das Christenkreuz zunächst schmäht, später aber in einer für einen Muselmanen fast ketzerischen Weise doch selbst für sich als etwas anerkennt, woran er “glauben könnte”.
Daraufhin geben der Katholik und der Evangelische sich so beleidigt, dass sie das Kuratorium wissen lassen, gemeinsam mit so einem nähmen sie ihrerseits den Preis nicht an.
Anstatt sich einen Rest von Anstand zu bewahren und die beiden Christen ziehen zu lassen, schmeißt nun das Kuratorium den Muselmanen kurzerhand wieder raus aus der Runde der Toleranzpreisträger.
Abgesehen davon, dass man gelinde gesagt als fragwürdig ansehen muss, wenn Preisträger in die Entscheidung, wer sonst noch den Preis bekäme oder eben nicht, in dieser Weise “eingebunden” werden …
Der erste Muslim verhielt sich korrekt; denn es ist das gute Recht eines jeden, einen Preis nicht gemeinsam mit einem anderen anzunehmen, den er aus welchen Gründen auch immer verabscheut.
Der zweite Muslim will sich jetzt anscheinend nicht rechtfertigen, ebenso korrekt.
Auch der Jude verhielt sich korrekt (was da hinter verschlossenen Türen sonst noch lief, weiß ich natürlich nicht; und zum Gaza-Krieg sei damit hier von mir erst recht nichts gesagt), denn warum sollte er einen Preis zurückweisen, nur weil ein anderer diesen nicht gemeinsam mit ihm annehmen wollte?
Auch dass er jetzt seinerseits ob der Machenschaften der Christen und des Kuratoriums nicht ausschert, will ich ihm zumindest nicht direkt zum Vorwurf machen; vielleicht will er nur noch mehr Ärger vermeiden.
Aber verhielten sich die beiden Christen, den “Preis” jetzt nach ihrem erfolgreichen Mobbing wohl annehmend, korrekt?
Und zumal das Kuratorium?
Und wie kommt man dort schon von vorneherein auf die Idee, gemäß einem sehr merkwürdigen Proporzdenken, stellvertretend einer sehr kleinen religiösen Minderheit einen, einer anderen kleinen, doch schon zehnmal stärkeren Minderheit noch einen und zwei weiteren noch zehnmal stärkeren Minderheiten je einen weiteren Preis zuzuschachern?
Rein rechnerisch gesehen ergibt das pro Kopf zweihundertmal so viele Preise für die kleinere kleine Minderheit und etwa zwanzigmal so viele für die größere kleine als für die beiden Christenminderheiten zusammengenommen …
Und wo bleibt da die konfessionslose relative Mehrheit oder gar mal ein Heide?
Ach so, dumme Frage, das sind ja alles Kulturlose … oft gar Ossis …
Nun, da können alle Nichtabrahamiten, von welchen es in Deutschland jedenfalls mindestens so viele gibt wie Katholiken oder Protestanten, im Grunde froh sein, gleich gar keinen der Ihren in Mitwirkung an diesem Schmierentheater als peinlichen Vorzeigekasper auf der Bühne sehen zu müssen.
Würde dieser ganze Mummenschanz und Mumpitz nicht mit den Steuergeldern aller finanziert, sondern (aber bitte pro Preisträger für jeweils die gleiche Summe) aus den Töpfen der einzelnen Gemeinden, und der hessische Ministerpräsident ließe sich lediglich als Schindmähre freiwillig vor solch einen Karren spannen, dann lachte mancher vielleicht noch entspannter.
Trotzdem: “Always look on the bright side of life!”
Denn vielleicht ist es die paar Steuergroschen sogar wert: Wir gewahren ob der Bühnenreife dieser Farce einen bedeutenden Beitrag zur deutschen Spaßkultur, wie ihn ein Dieter Bohlen so schwerlich zu liefern in der Lage wäre.
Darüber hinaus wirft das Stück, mit seiner beispielhaften Selbstdemontage der “Nathansweisen” in ihrem Ringelreihen, ein erhellendes Schlaglicht auf Darsteller wie Regie.
Gegen das Hessen-Kuratorium waren Klassiker wie Goethe und Lessing blutige Anfänger.
So souverän sieht dramatisch verarbeitete Aufklärung im dritten Jahrtausend aus.
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Tags: Christen, Heiden, Juden, Konfessionslose, Kultur, Moslems
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