Ungeniert – Unzensiert

Reden wir mal kurz über das Motto dieser Seite.

Ob sie ungeniert ist, mögen Sie beurteilen.

Unzensiert ist sie jedenfalls in der Hinsicht, dass ich bisher keinen Literaturpreis für sie  gewonnen habe und man sie noch  ungehindert aufrufen kann.

Inwieweit ich sie jedoch  selbst zensiere, davon will ich Ihnen jetzt der Redlichkeit halber einen kleinen Einblick geben.

Ich schreibe prinzipiell nicht kritisch über gefährdete Minderheiten wie Männer, Christen, Moslems, Kinder usw., wenn ich nicht unbedingt muss.  Der Krieg in Afghanistan ist auch mir fast heilig. Der Euro erweist sich als eine derartige Missgeburt für Griechen, Iren, Deutsche und den Rest, dass ich nur nachtrete, wenn ich ob meiner Chronistenpflicht nicht anders kann. Den Paragraphen 796 minus 666 halte ich für derartig grundgesetzgemäß und in Made-in-Germany-Qualität hergestellt, dass ich mir wünschte, er gälte auch anderwo, welches ich indes  erst benennen kann, wenn das Bundesverfassungsgericht mittels  Petition darob  an mich herantritt.  Auch über den Grönemeyer-Spruch “gebt den Kindern das Kommando” breite ich als Vater zweier Söhne lieber den Mantel des Schweigens aus. Gegen IWF-Notkredite kommt mir nicht leicht ein Sterbenswörtchen über die Lippen. Über Afrika sage ich meist gleich gar nichts, zumal die Chinesen sich dort gerade ausbreiten, vor welchen ich ebenfalls einen Mordsrespekt habe. Obama schone ich fast immer, weil der die Hoffnung aller Guten ist und beim Geld von Nullen mehr versteht als Carl Friedrich Gauß selig von komplexen Zahlen. Seine Außenministerin schmähe ich üblicherweise nicht, weil das ihr Ehemann ihr schon besorgt hat. Gegenüber Sarkozy verbietet sich meine Kritik, weil ich ihn einen eitlen Gockel heißen müsste, um der Wahrheit wenigstens ansatzweise zu dienen, und ich damit unsere gallischen Nachbarn ziemlich unziemlich beleidigte. Was ich über Berlusconi in diesem  Zusammenhange  nicht sage, sage ich auch jetzt nicht. Auch Wolfgang Schäuble ist mein bester Freund, denn er garantiert mir die Weltordnung aufs Schwäbischste. Vladimir Putin lasse ich in Ruhe, weil der das Gas hat, welches meine Nachbarn brauchen. Über die deutschen Satirezeitschriften lästere ich nicht ab, weil ich meinen Landsleuten, gar Schweizern (Indianern?), Luxemburgern und Österreichern nicht den Gähntod herbeiwünsche. Von der FAZ rede ich nur ungern, weil ich mich heute noch schäme, dass ich dieser Zeitung früher öfter Leserbriefe schickte, die sie aus einer lachenden Bosheit heraus teils auch noch abdruckte. Die Kirchen bedenke ich in aller Regel nur mitleidig, da Schwund ihr Lebensprinzip zu sein scheint. Diäten lasse ich lieber außen vor, da Abgeordnete gefährliche Leute sein können und Frauen und Vegetarier auch.  Jogging-Hosen und Sweatshirts lasse ich schlappern wie Hauslatschen, von denen ich bekennen müsste, dass auch meine gerne stinken; dass ich mich kürzlich an den Heiligen Kravatten unbedacht versündigte, ist mir nachhaltige Lehre. Über das manische Ego-Shooter-Gedaddel der männlichen Halbwüchsigen  und was dahinter steht  breite ich mich besser ebenfalls nicht aus, zumal da ich aus Gründen der Gleichberechtigung die Mädels gleichen Alters ob ihrer Chat- und Handy-Süchte mithineinziehen müsste und jeglicher Spaß sich mir aus Amokgründen sowieso verböte.

Ich glaube, Sie glauben mir, dass ich diese Liste beliebig fortsetzen könnte, bis ich am Rechner einschlafe.

So ist das mit dem “Unzensiert” heutzutage.

Vielleicht wäre offene Zensur doch die sauberere, einfachere, gerechtere Lösung.

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Eine Antwort zu “Ungeniert – Unzensiert”

  1. [...] meinem Artikel “Ungeniert – Unzensiert” vom 29.3. erwähnte ich, über welche Themen ich lieber nicht [...]

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