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Vom Werte und Frommen der Traurigkeit

Sonntag, 10. März 2013

Dass die Traurigkeit das Antonym zur Fröhlichkeit, ist Gemeingut.

Man schreibt nun aber der Fröhlichkeit im Vergleiche mit der Traurigkeit unbillig einseitig einen überlegenen schöpferischen Inspirationsquell zu.

Fraglos vermag Fröhlichkeit befreiend für die körperlichen Säfte wie geistigen Kräfte zu wirken; wer bestritte das; die Traurigkeit ist mir dieser gegenüber heute aber allzuschlecht beleumundet.

Denn Traurigkeit, als eine Art der Kontraktion, kann eben auch Konzentration, die Rückführung auf Wesentliches, eine Brücke zu tieferer, genauerer Erkenntnis zeitigen, also, dass ein gegründeterer, gar neuer Ausgangspunkt für Schaffen und Wesen daraus erwächst.

Oft entspringen so die weitreichendsten Ideen. (Nur Cervantes als Beispiel genannt.)

Man kann durchaus behaupten, dass erst der ein reifer Philosoph, ein Weiser, der dies bewusst erkannt und sich zunutze gemacht.

Die Traurigkeit kann jenes Senkblei in die eigene Seele bedeuten und bilden, auch in diejenige anderer, welches erst richtig den Geist der Schwere auslotet, hiemit, umgekehrt, jenen der Leichtigkeit entdecken lässt, zum Fluge bereitet.

Gelobt sei also die bewusste, wache Traurigkeit! Ja selbst die Niedergeschlagenheit, reckt und streckt sie zu höheren und heilenden Kräften!

Also ist die Traurigkeit eine Prüfe, manchmal gar ein Ordal.

Gleich den Nachtmahren, von denen ich kürzlich schrieb, welchen sie ein Anverwandter, ist es besser, sie manchmal willig anzunehmen: soweit es die augenblicklichen Kräfte eben zulassen.

Jede Traurigkeit ist, gleich physischem Schmerze auch, eine Warnung und ein Zeig. (weiterlesen…)