Reinkarnationslehre: Das All hat Zeit genung

Die Reinkarnationslehre ist auf eine erstaunlich naive Weise ganz wesentlich eine des beherztes menschliches Handeln untergrabenden Trostes. Und bewirkt damit eine Zementierung herrschender (ungerechter) Verhältnisse.

Jeder habe verdient, im Guten wie im Schlechten, was er sei und wo er gerade stehe; die Bösen werde ihr Schicksal irgendwann schon noch ereilen, ebenso, wie die Lieben irgendwann belohnt würden.

Das lenkt vom zielgerichteten Tun in dieser Welt ab; denn Gerechtigkeit ergebe sich schließlich sowieso; also muss man sich hienieden nicht unnötig auflehnen und selber dafür sorgen, dass diese vielleicht schon etwas bälder verwirklicht.

Wenig erstaunlich dabei, dass ein Großteil derer, die sich vom klassischen Christentum, durch dieses geprägt, abwenden, diesem Glauben zuwenden.

Auch beim Glauben ist nach der Motivation zu fragen. Sie ist hier leicht erklärt: Dieser Glaube bietet ein imaginäres, irgendwo wartendes Himmelbett für die Unterdrückten, gleichzeitig eine Rechtfertigung für alle Unterdrücker. Daher nicht verwunderlich, dass Hubbard das Konzept übernahm.

Jede Art Tatenlosigkeit und Feigheit ist so durch den Glauben gerechtfertigt und begründet; Leiden ist nunmal karmisch bedingt; alles richtet sich schon von selbst.

Es macht also am Grunde nichts, wenn einer Millionen Menschen quälen, verstümmeln und hinmorden lässt: denn irgendwann wird er das schon abzahlen müssen.

So nicht mit mir. Mein Glaube nämlich ist der, dass ich zunächst mal bin, was ich höchstwahrscheinlich bin: hier. Den widerlegt so leicht keiner. Nicht Abrahamit noch Reinkarnationer.

Auf die Idee, dass aus diesem Glauben heraus gerechtfertigte Feigheit (“Schlecht: Das ist feige!” – Friedrich Nietzsche) und Untätigkeit entlang dessen eigener Logik zu negativem Karma führen müsse, kommt dabei kaum einer. Das wäre zwar zwingend sinnig. Aber um Sinn im Sinne eines vernünftigen Sinnes geht es ja beim Glauben allenfalls sehr selten. (Eine Ausnahme habe ich beschrieben.)

So beißt sich denn die Katz in den Schwanz. Und genau das soll sie tun. In diesem Leben und im nächsten und übernächsten. Reinkarnation bis zur Vollverblödung.

Ewige Vollverantwortung als Ausrede für hiesige gleichmütige, gar selbstgefällige Verantwortungslosigkeit. Perfekt. Genial. Besser kann Religion kaum funktionieren.

Was ich in diesem Leben nicht schaffe, erschafe, kann ich ja im nächsten noch erschafen. Also kann ich ruhig weiterschafen, mitschafen, durch die Gegend schafen.

Denken? Wozu? Das kann ich noch in einer meiner nächsten 200 000 Inkarnationen, oder so, lernen. Aufstehen? Dabei könnte ich ja einem Hexapoden ein Beinchen stauchen. Das brächte negatives Karma. Also lasse ich es mal lieber. Das packe ich mir, klug und umsichtig wie ich bin, nicht in mein karmisches Reinkarnationsränzlein.

Nein. In mein Reinkarantionsränzlein packe ich nur gute Vorsätze und Absichten. Ich bin doch nicht blöd.

Ich allerdings bin froh darüber, dass ich diesbezüglich blöd bin. Erzblöd. Vorsätzlich, bewusst, in voller Absicht blöd.

Ich kann nämlich denken und tue das auch angelegentlich. Und dies mein Denken führt zu dem Schlusse, dass ich, selbst wenn das mit der Reinkarnationerei stimmen sollte, mein Leben erst recht so zu führen habe, wie als ob es das einzige sei, das ich je geschenkt bekäme. Und wäre es doch das einzige, so selbstverständlich nochmal erst recht.

War das zu kompliziert?

Dann verstehen Sie es vielleicht im nächsten Leben. Zeit hat das All genung.

 

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2 Antworten zu “Reinkarnationslehre: Das All hat Zeit genung”

  1. Der lange Weg zurück nach Hause | Sei herzlich Willkommen beim Dude sagt:

    [...] Inspirition dazu von Magnus Göller 47.368650 8.539183 Bewerten:Verwenden für:E-MailTwitterDruckenTumblrDiggLinkedInRedditGefällt [...]

  2. Dude sagt:

    Wer das kosmische Kausaliätsgesetz im Kern verstanden hat, weiss eines ganz genau…
    [...]

    http://dudeweblog.wordpress.com/2013/03/17/der-lange-weg-zuruck-nach-hause/

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