Von den Dekadenzdecadents

Die Dekandenzdecadents bilden eine relativ junge Rasse, die sich in den letzten Jahren jedoch sprunghaft vermehrt hat.

Der DD (ich verwende ob des langen, pleonastischen Wortes fortan die Abkürzung) ist meist männlich, über vierzig und kinderlos (oder er hat aus Versehen eins, das ihn bei der Ex-Niemalswirklichholden nur noch Geld kostet).

Der typische DD ist recht gebildet (oder hält sich dafür), arbeitet recht brav (es kann allerdings auch ein Hartzi DD sein) und verbringt den größten Teil seiner Freizeit, wovon er aufgrund seiner Kinderlosigkeit in der Regel recht viel hat, damit, die Welt (speziell die deutsche) wegen ihrer Dekadenz anzuprangern.

Moslems, Schwule (Juden traut er sich nicht), Politiker, Hartzis, schmarotzende Weiber und Feministinnen sind häufig bevorzugte Ziele seiner aufgeblasenen Bräsigkeit, zudem natürlich Beamte generell, vor allem faule, nichtsnutzige Lehrer.

Selber hält der DD sich für ein Vorbild des gesellschaftlichen Nutzzweckes, klagt über all die Steuern, seinen Arscharzt, der nix taugt, die Bäckersfrau, die ihm die Brötchen mal wieder zu unfreundlich (“so etwas gäbe es in den USA niemals!”) in die Tüte gepackt, den Taxifahrer, der sich nicht hinreichend dumm von ihm vollsabbeln ließ, den faulen Bahnschaffner, den unfähigen Tüncher, Angela Merkel und den Rest.

Im Grunde genommen ist ihm egal, worüber man vernünftigerweise klagen könnte, denn das Klagen über die allgemeine Dekadenz ist sein Hauptpläsir, sein Lebenselixir.

Logischerweise gewinnt er außergewöhnlich an Fahrt, wenn jemand sein vorgeblich so edles und dabei in Wirklichkeit so zerstörerisches Treiben erkennt und sich auch noch verwagt, darauf hinzuweisen: gegen solch einen Frechen wirft er dann jeden Schmutz, den er sich im Laufe der Jahre akribisch aufgesammelt hat.

“Weichei”, “Schmierfink”, “Schmarotzer”, “Sozialist”, “Rechtsradikaler”, egal was muss dann dafür herhalten, den anderen in den Dreck zu treten, um die eigene potjomkinsche Fassade aufrecht zu erhalten.

Der DD erkennt den Feind geschwind. Dafür hat er jahrelang geübt. Der Feind ist nicht die freche Bäckersfrau oder der maulfaule Txifahrer, sondern derjenige, der ihn darauf hinweist, dass er selbst alles nur herunterzieht.

Das mag er gar nicht leiden.

An dem Punkte fängt er nämlich selbst an, echten Schmerz zu verspüren, was er aber nicht zugeben kann, zumal nicht vor sich selbst.

Ab da sollte man den Jammerer über all die Jammerer keinesfalls unterschätzen. Ab da gibt er alles, und seine Dummheit kann unergründlich klug werden. Wenn es absolut nottut, dann liest er zu seinem Behufe sogar Nietzsche und versucht dort, ein Zitat herauszuklauben.

Der DD ist mit der letzte Abhub, den unsere Gesellschaft hervorgebracht hat.

Im Grunde aber ist der DD ein Verzweifelter. Er gibt sich selbstzufrieden und ist nichts weniger als das.

Daraus ergibt sich auch eine Chance. Zum Lernen ist es im Leben nie zu spät.

Der typische DD ist nämlich vom Grunde her kein übler Mensch. Eher ein auf “höherer” Ebene Fehlgeleiteter.

Das heißt, dass er gekippt werden kann und einsehen, dass es für alle, einschließlich seiner selbst, besser wäre, wenn er seine Liebe, Verständnis und Mitgefühl wiederentdeckte. Wenn er selber auch wieder einmal den Blick auf Wachsendes richtete, dies sogar mit Freude beförderte. Wenn er seinen Zynismus aufgäbe.

Allerdings ist der DD normalerweise ein harter Brocken, sonst wäre er keiner. Man könnte sagen, dass er zu den schwierigsten aller Nachhilfeschüler gehört.

Gleichwohl: Wer es schafft, einen DD zu drehen, der hat ein halbes Wunder vollbracht. Die Strahlkraft eines gewendeten DDs ist gewaltig. Zumal gerade der gewendete DD andere DDs am leichtesten zu beeindrucken vermag. Das liegt in der Natur der Sache.

Was der DD am wenigsten ertragen kann, das ist Spott. Er kann sich schier nicht vorstellen, dass IHN noch jemand verspotten könne.

Man muss den DD hart anfassen, anders wird es nichts. Im Handumdrehen macht er einen vor allen lächerlich, geht man zu zart mit ihm um.

Der DD ist hiemit kein Fall für schwule Bischöfinnen.

Grün kommt man ihm bestimmt nicht bei.

Der DD braucht es rabenschwarz.

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